Entscheidungsstichwort (Thema)
Heizkostennachzahlung. Angemessenheit der Heizkosten. Unwirtschaftliches Verhalten. Warmwasserbereitung. Einstweilige Anordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Unwirtschaftliches Heizverhalten ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn sich der durchschnittliche Gasverbrauch innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt, ohne dass sich die äußeren Umstände verändert haben.
2. Beruht die Nachforderung von Heizkosten auf grob unwirtschaftlichem Heizverhalten, scheidet die Übernahme von Schulden nach § 34 Abs. 1 S. 1 SGB XII aus.
Normenkette
AsylbLG § 2; SGB XII § 29 Abs. 3 S. 1, § 34 Abs. 1 S. 1; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Gründe
I.
Es geht in dem Verfahren um die Übernahme zusätzlicher Kosten für Heizung. Die Antragsteller beziehen Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) i.V.m. den entsprechend anwendbaren Bestimmungen des Sozialgesetzbuches 12. Buch (SGB 12) seit 1. Januar 2005. Bis zum 31. Dezember 2004 bezogen sie Leistungen nach § 2 AsylbLG in entsprechender Anwendung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG).
Die Antragsteller bewohnen eine 90 qm große Wohnung, die über eine Erdgaszentralheizung verfügt. Ende 2004 wurden wärmedämmende Kunststofffenster eingebaut. Gemäß einer Auskunft der E. M. verbrauchten die Antragsteller vom 13. September bis 31. Dezember 1999 = 1.371 m³ Gas vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000 = 2.294 m³ Gas vom 1. Januar bis 31. Dezember 2001 = 2.114 m³ Gas vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002 = 2.021 m³ Gas vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 = 3.962 m³ Gas vom 1. Januar bis 31. Dezember 2004 = 3.999 m³ Gas und gemäß der Jahresrechnung 2005 vom 8. Januar 2006 für die Zeit vom 1. Januar bis November 2005 = 3.949 m³ Gas. Aus der Jahresabrechnung der EAM vom 21. Januar 2004 für das Jahr 2003 ergab sich ein noch zu zahlender Betrag in Höhe von 951,05 €, dessen Übernahme die Antragsteller bei dem Antragsgegner ebenso beantragten, wie die Übernahme der neuen Vorauszahlung im Jahr 2004 in Höhe von monatlich € 156,-. Mit Bescheid vom 2. Februar 2004 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 808,39 € (961,05 € abzüglich 15 % für Eigenanteil Warmwasser) und bewilligte ab 1. Januar 2004 Heizkosten in Höhe von 132,60 € monatlich (156,- € abzüglich 15 % Eigenanteil Warmwasser). Mit weiterem Schreiben vom 2. Februar 2004 wies der Antragsgegner die Antragsteller darauf hin, dass die angemessenen Heizkosten monatlich 81,- € betrügen (90 qm Wohnfläche x 0,90 €). Es seien keine Gründe bekannt, die eine Erhöhung der angemessenen Heizkosten rechtfertigten. Die Antragsteller wurden ausdrücklich aufgefordert, den Heizungsverbrauch so weit einzuschränken, dass lediglich die angemessenen Kosten entstünden. Heizkostennachzahlungen würden nicht übernommen. Nach der nächsten Heizkostenabrechnung, spätestens jedoch ab 1. Januar 2005, würden maximal nur noch die angemessenen Heizkosten in Höhe von 81, € übernommen. Mit Jahresrechnung der EAM vom 30. Januar 2005 für das Jahr 2004 wurde von den Antragstellern ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 172,38 € verlangt und die monatlichen Vorauszahlungsbeträge auf 151,- € festgesetzt. Mit Bescheid vom 23. Februar 2005 lehnte der Antragsgegner die von den Antragstellern beantragte Übernahme der Heizkostennachzahlung für 2004 ab und gewährte ab 1. Januar 2005 nur noch eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von monatlich 81,- € unter Bezugnahme auf die entsprechende Ankündigung vom 2. Februar 2004. Mit Bescheid vom 22. April 2005 übernahm der Antragsgegner den Heizkostennachzahlungsbetrag (das Jahr 2004 betreffend) in Form eines Darlehens. Eine gleichzeitig ausgesprochene Verzinsung des Darlehens wurde auf Widerspruch aufgehoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2005 wurde der Widerspruch der Antragsteller zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage (S 22 AY 20/05), mit der die Antragsteller die Übernahme des Nachzahlungsbetrages als Zuschuss begehrten, wies das Sozialgericht zunächst mit Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 2005 und auf Antrag der Antragsteller nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 1. Februar 2006 ab. In der Begründung wird im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Erhöhung des Gasverbrauchs der Antragsteller in den Jahren 2003 und 2004 (gegenüber dem wesentlich niedrigeren Verbrauch in den Jahren 2000 bis 2002) auch durch die Gesamtheit der Erklärungsversuche der Antragsteller nicht plausibel werde, sondern nur durch äußerst unwirtschaftliches Verhalten der Antragsteller erklärt werden könne. Ein Anspruch auf eine Übernahme der als unangemessen anzusehenden Heizungskosten ergebe sich nicht. Gegen das Urteil haben die Antragsteller Berufung eingelegt (L 9 AY 1/06), über die noch nicht entschieden wurde. Wegen eines Zahlungsrückstandes in Höhe von 210,- € (zuzüglich 20,- € für eine vergebliche Vorsprache) drohte die E. M. den Antragstellern mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 die Sperrung der Energieversorgung an. Am 16. Dezember 2005 wurde der Antragstellerin zu 2) vom Antragsgegner ein Bet...