Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Gerichtsbescheid vom 06.11.1995; Aktenzeichen S-11/V-2182/95)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. November 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht als ziviles Kriegsopfer Anspruch auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) geltend für eine am Ende des Zweiten Weltkrieges in Folge der Explosion eines Sprengkörpers erlittenen Gesundheitsbeschädigung.

Die am … 1934 geborene Klägerin lebt als kroatische Staatsbürgerin in der Republik Kroatien, der früheren Teilrepublik der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ).

Die Klägerin wurde vor Ende des Zweiten Weltkrieges als 9-jähriges Kind durch die Explosion eines Sprengkörpers schwer verletzt und verlor unter anderem das rechte Auge sowie die rechte Hand im Unterarm. Wegen dieser Schädigungen und ihrer Folgen wurde sie durch Bescheid der zuständigen Behörden in Kroatien bzw. der SFRJ vom 3. Juni 1975 als ziviles Kriegsopfer mit einem Grad der Invalidität von 100 % anerkannt; sie erhält in der II. Gruppe der Invalidität eine Rente von ihrem Heimatstaat über die sowohl im Oktober 1990 als auch – erneut – im September 1995 Zahlungsnachweise vorgelegt wurden.

Erstmals am 24. Oktober 1990 beantragte sie beim Versorgungsamt Fulda die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG und gab unter anderem an, wegen der am 3. März 1945 erlittenen Schädigung in ihrem Heimatland als ziviles Kriegsopfer anerkannt zu sein und eine Rente zu beziehen. Sie legte unter anderem den Bescheid der Gemeinde R. vom 3. Juni 1975 vor, aus dem sich ergibt, daß sie wegen ihrer durch die Explosion von zurückgelassenem Kriegsmaterials erlittenen Verletzungen als ziviles Kriegsopfer anerkannt worden ist und ihr mit Wirkung ab 1. Januar 1975 eine monatliche Zivilkriegsrente gewährt wird.

Das Versorgungsamt Fulda lehnte durch Bescheid vom 4. Juli 1994 die Gewährung von Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab, die Klägerin habe als Zivilkriegsopfer einen Versorgungsanspruch gegen den eigenen Staat, weshalb die Gewährung von deutscher Kriegsopferrente ausgeschlossen sei, da keine zwischenstaatliche Vereinbarung bestehe, die zur Anwendung des BVG führen könnte. Nach § 7 Abs. 2 BVG könne das BVG nicht auf Kriegsopfer angewandt werden, denen aus derselben Ursache – hier die erlittene Verletzung während des Zweiten Weltkrieges – bereits ein Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat zustehen würde.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Widerspruch erhoben (Eingang am 30. September 1994) und geltend gemacht, daß andere, ihr bekannte Personen in ihrem Heimatland Versorgungsbezüge aus Deutschland erhielten. Durch Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 1995 (abgesandt am 17. Februar 1995) wies der Beklagte den Widerspruch unter anderem mit der Begründung zurück, das deutsche Recht schließe gemäß § 7 Abs. 2 BVG die Gewährung von Rente an Zivilkriegsopfer im Ausland aus, wenn diesen ein Versorgungsanspruch als Zivilkriegsopfer gegen den eigenen Staat zustünde. Jeder Staat könne frei entscheiden, welche Kriegsopfer er entschädigen wolle. Ein Verletzter könne nicht wegen des selben Sachverhaltes zweimal Kriegsopferversorgung erhalten, weil andernfalls Zivilisten, die zwei Renten erhalten könnten, sich besser stellen würden, als verwundete Soldaten. Auf die Höhe der bezogenen Leistung komme es nicht an; auch wenn die deutsche Leistung höher als die im Ausland gezahlte sei, bleibe zur Vermeidung von Doppelversorgung, wie auch das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Urteilen entschieden habe, die Zahlung von Versorgung nach dem BVG ausgeschlossen.

Gegen den mit einfachem Brief übersandten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin die am 19. Mai 1995 zunächst beim Hessischen Landesprüfungsamt für Heilberufe eingegangene Klage erhoben, die an das Sozialgericht Frankfurt am Main weitergeleitet wurde, wo sie am 22. Mai 1995 einging. Zur Begründung hat die Klägerin erneut vorgetragen, daß sie einige Landsleute kenne, die schon längere Zeit Rente aus Deutschland erhalten würden. Sie selbst sei erst 1973 (?) als Zivilkriegsgeschädigte in ihrem Heimatstaat anerkannt worden und könne erst seit dieser Zeit Rente erhalten, weshalb sie aus Deutschland die Nachzahlung von Versorgung auch für die Zeit von 1945 bis 1973 begehre.

Durch Gerichtsbescheid vom 6. November 1995 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, daß die – insgesamt rechtmäßigen – Bescheide der Beklagten auch insoweit zutreffend seien, als die Klägerin Beschädigtenversorgung für den Zeitraum von März 1945 bis Dezember 1974 geltend mache, weil diese Ansprüche nach § 45 des Ersten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB I) verjährt seien, da nach dieser Vorschrift Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kale...

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