Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung zwischen Leistungsträgern des AsylbLG untereinander
Orientierungssatz
1. Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs sowohl nach § 10 b Abs. 1 AsylbLG i. V. m. § 102 SGB 10 ist, dass es sich bei dem Anspruchsgegner um den zuständigen bzw. zur Leistung verpflichteten Träger handelt. Dieser hat dann als zuständige Behörde die vom erstattungsberechtigten Träger aufgewendeten Kosten zu erstatten.
2. Hat die Ausländerbehörde der leistungsberechtigten Person eine asylverfahrensunabhängige Duldung erteilt, so wird durch die erteilte Duldung die zuvor ergangene asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung gegenstandslos. Damit bestimmt § 10 Abs. 1 S. 1 AsylbLG nicht mehr die örtliche Zuständigkeit. Ist danach der Träger, der die Leistungen nach dem AsylbLG tatsächlich erbracht hat, örtlich zuständig, scheidet ein Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen Leistungsträger aus.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. September 2008 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erstattung von Aufwendungen für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für Frau B. B. alias C. C..
Im Mai 1991 reiste die Familie B. nach unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Mitglieder der Familie, u.a. Frau B. B., beantragten die Anerkennung als Asylberechtigte. Das Asylverfahren der Frau B. wurde am 21. Januar 1992 abgeschlossen. Die gesamte Familie B. war bereits seit dem 4. Dezember 1992 für den Rechtsvorgänger des Beklagten unbekannt verzogen. Dem Kläger wurden Mitglieder der Familie C. durch die Zentrale Aufnahmestelle des Landes Hessen mit Entscheidung vom 16. Februar 1993 zugewiesen. Nach Abschluss des Asylverfahrens im Jahr 1996 wurde der Aufenthalt der Familie im Bereich des Klägers durch die Ausländerbehörde geduldet. C. C. wurde durch das Jugendamt des Klägers am 29. Mai 1993 in Obhut genommen, nachdem sie von der Polizei AW. aufgegriffen worden war. Im Rahmen der Vernehmung äußerte diese Person, von ihrem Vater geschlagen und mehrfach vergewaltigt worden zu sein. Sie wurde daraufhin zunächst außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Klägers untergebracht und kehrte im Jahr 1995 zu ihrer Familie zurück. Im Sommer 1998 flüchtete sie in das Frauenhaus AW.. Von dort kam sie zur Behandlung in das Zentrum für soziale Psychiatrie in RH.. Anschließend wurde vom Amt für soziale Angelegenheiten des Klägers unter besonderer Berücksichtigung der geistigen Situation der Person die Aufnahme in einer Einrichtung der “Lebenshilfe" im UR. vorgenommen. In dieser Einrichtung hält sich die Person seit Mai 1998 auf. Die Kosten ihrer Unterbringung werden seitdem von dem Kläger getragen.
Im Jahr 2000 zogen Teile der Familie B. wieder in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Ein Aufenthalt von Frau B. B. oder C. C. im Gebiet des Beklagten wurde nicht bekannt. Mit Schreiben vom 25. April 2000 teilte die Ausländerbehörde des Beklagten dem Kläger mit, dass eine Identität eines Mitglieds der Familie C. mit einem dort geführten Asylbewerber bestehe, der bereits am 7. Mai 1991 um politisches Asyl nachgesucht habe. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf die Ablichtung Bl. 16 d. A. Bezug genommen.
In den Jahren 2002 bis 2005 erbrachte der Kläger an Frau C. C. Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe der Klageforderung. Hinsichtlich der Leistungserbringung im Einzelnen wird auf die Aufstellung Bl. 8 bis 12 d. A. verwiesen. Im Jahr 2002 korrespondierten die Verfahrensbeteiligten über eine Verlegung von Frau B. B. alias C. C. in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Nachdem sich die Betreuerin der betreffenden Person gegen eine Verlegung gewandt hatte, wurde von diesem Schritt abgesehen. Der Kläger beantragte im Jahr 2004 beim Bundeskriminalamt ein Gutachten zur Identitätsfeststellung anhand von fünf Lichtbildern der als B. B. und C. C. benannten Person(en). Mit Gutachten vom 3. Januar 2005 stellte das Bundeskriminalamt fest, dass die eingesandten Lichtbilder mit Wahrscheinlichkeiten zwischen “wahrscheinlich" und “mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" dieselbe Person abbilden.
Der Kläger hat am 26. September 2005 bei dem Sozialgericht Stralsund Klage erhoben. Das Sozialgericht Stralsund hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. Februar 2006 (S 9 AY 4/05) an das Sozialgericht Wiesbaden verwiesen. Der Kläger behauptet, dass es sich bei B. B. und C. C. um ein und dieselbe Person handele. Er ist der Auffassung, dass der Beklagte für die Leistungsgewährung nach § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zuständig sei. Die Zuständigkeit beruhe auf der Zuweisungsentscheidung vom 7. Mai 1991, wonach Frau B. B. ihren Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu nehmen gehabt habe. Eine zweite Zuweisungsentscheidung vom 16. Februar 1993 bezüglich Frau C. en...