Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung von Leistungen für einen verstorbenen Sozialhilfeberechtigten
Orientierungssatz
1. Die Geltendmachung des Anspruchs eines Sozialhilfeberechtigten gegen den Leistungsträger ist wegen seines höchstpersönlichen Charakters nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich. Der Anspruch des Hilfebedürftigen geht grundsätzlich mit dem Tod des Hilfebedürftigen unter.
2. Etwas anderes gilt dann, wenn der Hilfebedürftige seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (BSG Urteil vom 12. 5. 2017, B 8 SO 14/16 R). Gleiches gilt für den Fall, dass im Zeitpunkt des Todes wegen einer bereits vor dem Tod gedeckten Bedarfslage noch Schulden gegenüber dem Erbringer der Leistung bestehen, die aus dem Nachlass zu begleichen sind.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. August 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kläger die Kosten des Verfahrens erster Instanz gesamtschuldnerisch zu tragen haben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) Nebenkosten-Nachforderungen des Vermieters betreffend die von der verstorbenen Mutter der Kläger bewohnte Wohnung zu übernehmen.
Die Kläger sind die Söhne der 1920 geborenen und 2011 verstorbenen C. A., die bis zu ihrem Tode jahrelang SGB XII-Leistungen einschließlich der Kosten der Unterkunft und Heizung für ihre – gemeinsam mit den Klägern bewohnten - Wohnung in der C-Straße in A-Stadt in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen bezogen hatte.
Mit Schreiben vom 20. April 2012, bei der Beklagten eingegangen am 22. April 2012, legten die Kläger der Beklagten die Nebenkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 1. August 2009 bis 31. Dezember 2009 datierend vom 20. Dezember 2010 sowie die Nebenkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 datierend vom 19. Dezember 2011 vor. Hierzu gaben die Kläger ausdrücklich an, die genannten Nebenkostenabrechnungen „mit einiger von der Verwaltung verschuldeter Verspätung“ erst am 20. April 2012 erhalten zu haben. Die Kläger baten um schnellstmögliche Begleichung der Rechnungen, wie dies das Gesetz in Deutschland verlange.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2012 teilte die Beklagte den Klägern mit, eine Übernahme der Nachzahlung aus den Betriebskostenabrechnungen für 2009 und 2010 sei nicht möglich. Von den Klägern werde jeweils die Übernahme der Nachforderungen aus dem Mietverhältnis von deren verstorbener Mutter mit der Betreibergesellschaft D. begehrt. Hierzu sei mitzuteilen, dass es sich bei Sozialhilfeansprüchen um höchstpersönliche Ansprüche handele. Diese erlöschten mit dem Tod des Leistungsempfängers. Für einen über den Tod hinaus bestehenden Anspruch auf Sozialhilfeleistungen enthalte das SGB XII mit Ausnahme des § 19 Abs. 6 SGB XII keine Rechtsgrundlage. Die Mutter der Kläger sei am xx. xxx 2011 verstorben. Mit diesem Tag ende somit der Anspruch auf Sozialhilfe. Die von den Klägern geltend gemachten Forderungen stellten eine Nachlassschuld dar, für die der Erbe hafte. Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger könnten hieraus nicht hergeleitet werden.
Hiergegen legten die Kläger am 22. Juni 2012 Widerspruch ein und trugen u.a. vor, die Betriebskostenabrechnungen beträfen die Jahre 2009 sowie 2010 und folglich einen Zeitraum, in dem die Beklagte die Miete für die Wohnung der Verstorbenen übernommen habe. Sie - die Kläger - seien der Ansicht, die die Wohnung der verstorbenen Mutter betreffenden Betriebskosten für denselben Zeitraum seien nach dem Gesetz von der Beklagten zu übernehmen. Daher handele es sich nicht um eine Nachlassschuld, sondern um solche Schulden, die die Mitarbeiterinnen der Beklagten verursacht hätten.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 29. Januar 2013 wies der zu dem maßgeblichen Zeitpunkt als Widerspruchsbehörde im Sinne des § 99 SGB XII zuständige Main-Kinzig-Kreis den Widerspruch der Kläger zurück. In der Begründung führte die Widerspruchsbehörde u.a. aus, erhalte eine Person laufende Leistungen zum Lebensunterhalt, so gehöre die Nebenkostennachzahlung in dem Monat zu den Kosten der Unterkunft, in dem sie fällig werde. Die Nebenkostenabrechnung für 2009 sei am 20. Dezember 2010 fällig geworden. Zu diesem Zeitpunkt habe die verstorbene Mutter der Kläger noch laufende Leistungen nach dem SGB XII erhalten. Jedoch sei in dem Zeitraum von der Fälligkeit der Abrechnung (20. Dezember 2010) bis zum Tode der verstorbenen Mutter der Kläger (xx. xxx 2011) kein Antrag zur Übernahme der Nebenkostennachzahlung gestellt worden. Ge...