Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf angemessene Vergütung vertragsärztlich erbrachter Leistungen. Radiologe. Honorarbescheid. Hinreichende Bestimmtheit. Honorarverteilungsmaßstab. Individuelles Budget. Abzüge für Verwaltungskosten. Berufsfreiheit. Subjektives Recht. Finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. Ein Honorarbescheid ist i. S. von § 33 Abs. 1 SGB 10 hinreichend bestimmt, wenn aus dessen Inhalt unzweideutig hervorgeht, in welcher Höhe die Kassenärztliche Vereinigung KV den Honoraranspruch des Vertragsarztes festgestellt hat.
2. Die Bildung von Honorartöpfen im Rahmen der Honorarverteilung (HVM) dient der Stabilisierung der Punktwerte in den einzelnen Leistungsbereichen. Dabei ist es zulässig, an die Verhältnisse in einem früheren Quartal anzuknüpfen. Die Bildung individueller Budgets im HVM ist rechtmäßig.
3. Die Funktion des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM-Ä) ist es, den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und deren wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander zu bestimmen. Der EBM-Ä entspricht hinsichtlich der Normenklarheit den rechtsstaatlichen Anforderungen.
4. Aus § 72 Abs. 2 SGB 5 kommt ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf ein höheres Honorar für ärztliche Leistungen nur dann in Betracht, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird. Bei einer zu niedrigen Bewertung einzelner Leistungen ist dies nicht der Fall.
5. Die Grundstrukturen über die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen verlangen einen Ausgleich zwischen dem Ziel angemessener Vergütung und dem besonderen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung.
Normenkette
SGB V § 72 Abs. 2, § 85 Abs. 4, 1, § 87 Abs. 2; GG Art. 12 Abs. 1; SGB X § 33 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2001 wird zurückgewiesen. Die weitergehende Feststellungsklage hinsichtlich der EHV wird als unzulässig abgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren für das Quartal III/97 die Zahlung eines höheren Honorars für ihre vertragsärztliche Tätigkeit. In der Berufungsinstanz begehren die Kläger weiterhin die Feststellung, dass der Honorareinbehalt von 5 v.H. für Zwecke der auf landesgesetzlicher Grundlage eingerichteten Erweiterten Honorarverteilung (EHV) im Quartal III/97 rechtswidrig war und im Quartal IV/05 rechtswidrig ist.
Die Kläger sind in einer Gemeinschaftspraxis als Radiologen in A-Stadt niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im streitbefangenen Quartal betrieben sie eine Praxis, in der auch ein Computertomograph zum Einsatz kam.
Die vertragsärztliche Honorierung der Kläger richtet sich nach dem zwischen den Gesamtvertragspartnern vereinbarten Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) und dem Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten (HVM).
Der HVM enthält seit dem Quartal III/92 arztbezogene Honorarbegrenzungsregelungen, die in der Folgezeit mehrfach modifiziert worden sind.
Seit dem 3. Quartal 1996 sieht der HVM u.a. eine praxisbezogene Individualbudgetierung für einzelne Honorargruppen vor, die insbesondere in den Anlagen zu Leitzahl (LZ) 702 geregelt ist.
Für das vorliegend umstrittene Quartal sind durch entsprechende Beschlüsse der Abgeordnetenversammlung der Beklagten folgende für die Abrechnung der Honorare der Kläger maßgebliche Änderungen des HVM vorgenommen worden, die den Vertragsärzten durch entsprechende Rundschreiben nach Maßgabe von § 28 der (Haupt-)Satzung der Beklagten bekannt gegeben worden sind:
-Beschluss vom 14. Juni 1997:
U.a. wurden die Honorargruppen neu geordnet (Anlage 1 zu LZ 702 für die Primärkassen, Anlage 2 zu LZ 702 für die Ersatzkassen). Innerhalb der Honorargruppe 4 wurden die Radiologen, Strahlentherapeuten und Nuklearmediziner der Honoraruntergruppe 4.16 zugeordnet. Die Regelung des für die Vergütung der einzelnen Honorargruppen zur Verfügung stehenden Verteilungsbetrages erfolgte jeweils im Abschnitt II der Anlagen 1 und 2 zu LZ 702. U.a. wurde eine besondere Stützungsregelung für diejenigen Fachgruppen getroffen, die gem. LZ 204b nur auf Überweisung tätig werden können und die insoweit auch die Honoraruntergruppe 4.16 umfasste. Erstmals vorgesehen war auch eine fallzahlabhängige Quotierung der Honorarforderungen.
-Beschluss vom 29. November 1997:
Die Grundsätze der Honorarverteilung wurden rückwirkend zum 1. Juli 1997 geändert. U.a. erfolgten in Anlage 3 zu LZ 702 Quotierungs- und Begrenzungsregelungen, in die auch die Radiologen, Strahlentherapeuten und Nuklearmediziner einbezogen wurden.
-Beschluss vom 20. Juni 1998:
U.a. wurden einzelne Punkte der Anlagen 1, 2 und ...