Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Radiologe. Honorarbescheid. Begründung. Anhörung. Honorarverteilungsmaßstab. Bestimmtheit. Unechte Rückwirkung. Honorartopf. Individualbudgetierung. Normsetzung durch Vertrag. Bewertungsausschuss. Demokratische Legitimation. Abzüge für Verwaltungskosten und für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Erweiterte Honorarverteilung. Gesamtvergütung. Finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Klageänderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Partner der Bundesmantelverträge, die durch den Bewertungsausschuss den EBM-Ä vereinbaren, verfügen über eine ausreichende demokratische Legitimation.
2. § 72 Abs. 2 SGB V begründet ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf ein höheres Honorar für ärztliche Leistungen allenfalls dann, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird. Gleiches gilt für Art. 12 Abs. 1 GG.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1; SGB V § 72 Abs. 2, § 85 Abs. 4, § 87 Abs. 2 S. 1; SGB X § 33 Abs. 1; SGG § 99
Tatbestand
Die Kläger begehren für die Quartale III/97 und IV/97 die Zahlung höherer Honorare für ihre vertragsärztliche Tätigkeit. In der Berufungsinstanz begehren die Kläger weiterhin die Feststellung, dass der Honorareinbehalt von 5 v.H. für Zwecke der auf landesgesetzlicher Grundlage eingerichteten Erweiterten Honorarverteilung (EHV) in den Quartalen III/97 und IV/97 rechtswidrig war und im Quartal IV/05 rechtswidrig ist.
Die Kläger sind in einer Gemeinschaftspraxis als Radiologen in M. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im streitbefangenen Quartal betrieben sie eine Praxis, in der auch ein CT- und MRT-Leistungen erbracht wurden.
Die vertragsärztliche Honorierung der Kläger richtet sich nach dem zwischen den Gesamtvertragspartnern vereinbarten Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) und dem Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten (HVM).
Der HVM enthält seit dem Quartal III/92 arztbezogene Honorarbegrenzungsregelungen, die in der Folgezeit mehrfach modifiziert worden sind.
Seit dem 3. Quartal 1996 sieht der HVM u.a. eine praxisbezogene Individualbudgetierung für einzelne Honorargruppen vor, die insbesondere in den Anlagen zu Leitzahl (LZ) 702 geregelt ist.
Für die vorliegend umstrittenen Quartale sind durch entsprechende Beschlüsse der Abgeordnetenversammlung der Beklagten folgende für die Abrechnung der Honorare der Kläger maßgebliche Änderungen des HVM vorgenommen worden, die den Vertragsärzten durch entsprechende Rundschreiben nach Maßgabe von § 28 der (Haupt )Satzung der Beklagten bekannt gegeben worden sind:
• Beschluss vom 14. Juni 1997: U.a. wurden die Honorargruppen neu geordnet (Anlage 1 zu LZ 702 für die Primärkassen, Anlage 2 zu LZ 702 für die Ersatzkassen). Innerhalb der Honorargruppe 4 wurden die Radiologen, Strahlentherapeuten und Nuklearmediziner der Honoraruntergruppe 4.16 zugeordnet. Die Regelung des für die Vergütung der einzelnen Honorargruppen zur Verfügung stehenden Verteilungsbetrages erfolgte jeweils im Abschnitt II der Anlagen 1 und 2 zu LZ 702. U.a. wurde eine besondere Stützungsregelung für diejenigen Fachgruppen getroffen, die gem. LZ 204b nur auf Überweisung tätig werden können und die insoweit auch die Honoraruntergruppe 4.16 umfasste. Erstmals vorgesehen war auch eine fallzahlabhängige Quotierung der Honorarforderungen.
• Beschluss vom 29. November 1997: Die Grundsätze der Honorarverteilung wurden rückwirkend zum 1. Juli 1997 geändert. U.a. erfolgten in Anlage 3 zu LZ 702 Quotierungs- und Begrenzungsregelungen, in die auch die Radiologen, Strahlentherapeuten und Nuklearmediziner einbezogen wurden.
• Beschluss vom 20. Juni 1998: U.a. wurden einzelne Punkte der Anlagen 1, 2 und 3 zu LZ 702 mit Wirkung ab dem 1. Juli 1997 bzw. ab dem 1. Januar 1998 sowie ab dem 1. April 1998 geändert.
In allen Varianten der vorliegend maßgeblichen Fassungen des HVM ist in § 6 (LZ 607) die Ermächtigung des Vorstandes der Beklagten enthalten, im Einzelfall aus Gründen der Sicherstellung zeitlich begrenzte abweichende Regelungen zu treffen. Durch § 8 (LZ 803 Abs. 3) wurde der Vorstand ermächtigt, in begründeten Härtefällen, die durch den EBM-Ä bzw. den HVM bedingt sind, einen Härteausgleich vorzunehmen.
Für das Quartal III/97 forderten die Kläger, bezogen auf eine Bewertung mit einem Punktwert von 10 Pf., bei einer budgetrelevanten Fallzahl von 2.955 für die Primärkassen sowie die Ersatzkassen ein Honorarvolumen von 880.127,24 DM an, im Quartal IV/97 betrug die budgetrelevante Fallzahl 2.854 und das angeforderte Honorarvolumen 855.217,14 DM.
In den Quartalen III/97 bis IV/97 ergaben sich für die Primär- und die Ersatzkassen für Leistungen der Honorargruppe 4.16 folgende gestützte Punktwerte:
|
PK |
EK |
III/97 |
6,40 |
7,50 |
IV/97 |
6,90 |
7,85 |
Hinsichtlich der Honoraranf...