Verfahrensgang
SG Kassel (Urteil vom 17.11.1992; Aktenzeichen S-3/U-950/90) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. November 1992 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für die Berufungsinstanz.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am 28. Oktober 1937 geborene Versicherte stritt mit der Beklagten seit 1988 um die Anerkennung und Entschädigung einer Pneumokoniose als bzw. wie eine Berufskrankheit (BK). Nachdem am 14. Dezember 1995 bei ihm zusätzlich ein Bronchialkarzinom festgestellt worden war, erkannte die Beklagte einen Bronchialtumor infolge beruflicher Chrom-Nickeleinwirkung als BK nach Ziffern 1103, 4109 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) an und gewährte ihm Verletztenrente ab 15. Dezember 1995 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v.H. sowie das höchstmögliche Pflegegeld ab 16. Januar 1996. Am 3. Oktober 1996 ist der Versicherte verstorben. Der Rechtsstreit wird von seiner Ehefrau fortgeführt.
Ärztliche Berufskrankheitenanzeigen erstatteten der Lungenarzt Dr. … am 6. Oktober 1988 gegenüber dem Landesgewerbearzt und Dr. … Oberarzt der Fachklinik für Lungenerkrankungen in … am 29. November 1988 gegenüber der Beklagten. Dr. … sprach von einem Verdacht auf Silikose wegen Quarzstaubexposition und Dr. … beschrieb eine Atemnot des Versicherten infolge feinstreifiger Pneumokoniose durch ausgedehnte Eisenablagerungen und Ablagerung von Aluminiumsilikaten und führte diese Erkrankung auf die Tätigkeit des Versicherten bei der Firma … in K. zurück. Die Firma … erstattete die BK-Anzeige vom 19. Januar 1989 und gab an, der Versicherte sei dort als Schlosser im Maschinenbau seit 1968 tätig gewesen. Es sei zu einer Lungenfibrose nach Brenn-, Schleif- und Schweißarbeiten von VA-Stählen und Aluminiummaterialien gekommen. Der Versicherte sei erstmals am 9. Februar 1988 wegen dieses Leidens auffällig und zugleich bewußtlos geworden.
Die Beklagte zog die Behandlungsunterlagen der Lungenklinik in …, ein Vorerkrankungsverzeichnis der Betriebskrankenkasse der Firma … ab Juni 1968 und die Unterlagen der Landesversicherungsanstalt … (LVA) bei. Sie forderte Berichte des Hausarztes Dr. … vom 3. April 1989 und des Dr. … vom 10. Mai 1989 an und ließ die Arbeitsanamnese des Versicherten durch ihren Technischen Aufsichtsdienst (TAD) aufklären, der hierzu mit Berichten vom 2. Mai und 20. November 1989 im einzelnen Stellung nahm. Ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten ließ sie sodann von Prof. … erstellen, dessen Gutachten vom 13. Juli 1989 ein fachradiologisches und ein fachkardiologisches Zusatzgutachten beigefügt waren. Der Versicherte sei Schweißrauch im Zeitraum von 1968 bis 1973 in bedeutsamem Umfange ausgesetzt gewesen. Von 1973 bis 1980 habe er im Schwermaschinenbau Kontakt mit eisen- und eisenoxidhaltigen Stoffen gehabt, aber keinen Kontakt mit Schweißrauch. Von 1980 bis 1988 sei er im Mischerbau metallhaltigen Stäuben ausgesetzt gewesen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Entwicklung einer Ziffern-BK hätten nicht vorgelegen. Eine Exposition gegenüber quarz- oder asbesthaltigen Feinstäuben sei nicht belegt, so daß die Voraussetzungen der Ziffer 4103 (Silikose) bzw. 4101 (Asbestose) nicht gegeben seien. Auch die Voraussetzungen zur Entwicklung einer Hartmetallfibrose im Sinne einer BK nach Ziffer 4107 oder einer Aluminiumstaub-Pneumokoniose im Sinne der Ziffer 4106 hätten nach der Arbeitsplatzanamnese nicht vorgelegen. Die Erkrankung des. Versicherten könne auch nicht wie eine BK nach § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) anerkannt werden. Bisher hätten epidemiologische Studien keine Anhaltspunkte für ein gehäuftes Auftreten von Lungenfibrosen bei Schweißern erbracht. Auch beim Versicherten bestehe kein Hinweis darauf, daß der zu sekundären Lungen- und Lungengefäßveränderungen führende fibrotische Lungenprozeß wesentlich teilursächlich auf eine Schweiß- oder Schleifstaubexposition zurückgehe. Prof. … trat im arbeitsmedizinisch-internistischen Fachgutachten nach Aktenlage vom 12. Dezember 1989 dieser Beurteilung bei. Nachdem der Landesgewerbearzt mit Stellungnahme vom 23. Januar 1990 dem Gutachten gefolgt war und einen Ursachenzusammenhang beim damaligen Wissensstand nicht wahrscheinlich zu machen vermochte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juni 1990 die Anerkennung des Lungenleidens beim Versicherten als BK nach Ziffern 4101, 4103, 4106 oder 4107 der Anlage 1 zur BKVO ab sowie auch die Anerkennung derselben wie eine BK nach § 551 Abs. 2 RVO.
Der Versicherte legte am 18. Juli 1990 Klage vor dem Sozialgericht Kassel (SG) ein und zu deren Begründung Berichte des Hausarztes Dr. … und des Prof. … Lungenklinik … vom 20. Oktober 1991 vor, der die nochmalige Einholung eines pathologischen Gutachtens empfahl, in dessen Rahmen die Lungenschnittpräparate des Prof. … und die lungenbioptischen...