Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwaltungsvorschriften. Anspruch auf Einsichtnahme. Veröffentlichung. rechtliches Gehör

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt, wenn ein Kläger keine Kenntnis des Inhalts von Verwaltungsvorschriften hat, die nicht den Bereich der Ermessensverwaltung betreffen und das Gericht diese seiner Entscheidung in keiner Weise zugrundelegt.

 

Normenkette

SGG § 62; GG Art. 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 06.10.1988; Aktenzeichen S-4/1/An - 332/87)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. Oktober 1988 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Staatskasse des Landes Hessen hat keine Kosten zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einstufung in höhere Leistungsgruppen nach der Anlage 1 B zu § 22 Fremdrentengesetz (FRG).

Die 1954 in H./Sachsen geborene und 1986 aus Leipzig in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelte Klägerin stellte am 14. August 1986 bei der Beklagten Antrag auf Kontenklärung.

Zu ihrem beruflichen Werdegang und den Beschäftigungszeiten machte sie folgende Angaben:

Sie habe vom 1. September 1971 bis 15. Februar 1974 den Beruf der Kinder- und Säuglingsschwester erlernt. Vom 17. Februar 1974 bis zum 31. Januar 1979 sei sie in der Kinderklinik der Karl-Marx-Universität L. in diesem Beruf beschäftigt gewesen. Vom 1. Februar 1979 bis zum 10. März 1986 sei sie in der Psychiatrischen Klinik als Fürsorgerin tätig gewesen, hierbei zunächst bis zum 9. Februar 1982 als Hilfsfürsorgerin. Die Tätigkeit der Fürsorgerin entspreche hier derjenigen einer Sozialarbeiterin in der Psychiatrie mit Erschwerniszulage. Vom 15. November 1979 bis zum 3. Februar 1982 schließlich habe sie die Bezirksakademie in Leipzig berufsbegleitend besucht.

Die Klägerin hat das Facharbeiterzeugnis als Kinderkrankenschwester, das am 15. Februar 1974 ausgestellt wurde, vorgelegt, sowie die staatliche Anerkennungsurkunde vom 28. März 1974, die Urkunde über die medizinische Fachschulanerkennung als Kinderkrankenschwester vom 16. Februar 1976 und die staatliche Erlaubnisurkunde zur Ausübung des Berufes als Gesundheitsfürsorgerin vom 7. Januar 1982.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 1986 erkannte die Beklagte u.a. Beitragszeiten nach den Vorschriften des FRG an. Die Beitragszeiten gemäß § 15 FRG ordnete sie der Leistungsgruppe 4 (16. Februar 1974 bis 30. November 1984) und der Leistungsgruppe 3 (1. Dezember 1984 bis 7. März 1986) zu.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 17. November 1986 Widerspruch ein und brachte zur Begründung vor, sie habe als Schwester einer Intensivstation Arbeiten geleistet, die in Leistungsgruppe 3 einzustufen seien. Dies gelte zumindest ab Februar 1975. Ebenfalls sei die Tätigkeit als Gesundheitsfürsorgerin in Leistungsgruppe 3 einzustufen. Ab Oktober 1982 sei sie die leitende Fürsorgerin gewesen und habe zwei Kolleginnen anzuleiten, einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 1987 gab die Beklagte dem Widerspruch teilweise statt und stufte die Zeit vom 1. Februar 1984 bis zum 7. März 1986 in Leistungsgruppe 3 ein. Im übrigen wies sie den Widerspruch der Klägerin zurück. In der Begründung wird ausgeführt, die Einstufung in Leistungsgruppe 4 sei zutreffend. Leistungsgruppe 3 setze mehrjährige Berufserfahrung voraus, die in der Regel erst nach ca. 10-jähriger Tätigkeit im erlernten Beruf bei Vollendung des 30. Lebensjahres anzunehmen sei. Eine Verkürzung sei nur bei Angestellten möglich, die längere und qualifiziertere Schul- und Berufsausbildungen vorwiesen. Unterer Grenzwert sei hier ein Zeitraum von drei Jahren. Besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten seien nur solche, die über die üblichen, für die Ausübung eines Berufes notwendigen Fachkenntnisse hinausgingen. Eine Spezialtätigkeit sei eine selten anzutreffende Tätigkeit ohne traditionelles Berufsbild. Alle diese Voraussetzungen seien im Falle der Klägerin nicht erfüllt.

Am 27. Februar 1987 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Gießen (SG) Klage erhoben, mit der sie die Einstufung in Leistungsgruppe 2 für die Tätigkeit als Fürsorgerin ab Februar 1982 und in Leistungsgruppe 3 für den vorherigen Zeitraum begehrt hat.

Die Klägerin hat eine Urkunde des Hessischen. Ministers für Wissenschaft und Kunst für die staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen vorgelegt, nach der sie mit Wirkung ab 1. August 1987 die Berechtigung erhielt, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Sozialarbeiterin” zu führen. Nach einem Diplom des Hessischen Ministers für Wissenschaft und Kunst vom 27. September 1988 wurde ihr das Recht verliehen, anstelle der bisherigen Graduierungsbescheinigung die Bezeichnung „Diplom-Sozialarbeiterin (FH)” zu führen.

Mit Urteil vom 6. Oktober 1983 hat das SG die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Einstufung in...

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