Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Gesundheitsstörung. Krankheitsbild: CRPS. Vollbeweis. objektivierbarer Befund. S1-Leitlinie zur CRPS. Budapester Konsensus Kriterien -aktueller medizinischer Wissensstand. Schmerzstörung. subjektive Beschwerden
Leitsatz (amtlich)
1. Bei dem klinischen Krankheitsbild CRPS kann der Vollbeweis in der gesetzlichen Unfallversicherung nur mit objektivierbaren Befunden begründet werden.
2. Der Vollbeweis der Diagnose CRPS erfordert den Ausschluss konkurrierender Erklärungsansätze.
Orientierungssatz
Maßgebliche diagnostische Grundlage für ein CRPS bilden die sog "Budapester Konsensus-Kriterien".
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 1 S. 2; SGG § 128
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente nach dem Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII streitig.
Die 1961 geborene Klägerin ist gelernte Zahntechnikermeisterin und war als solche zum Unfallzeitpunkt selbstständig tätig. Sie pflegte damals zusätzlich ihre an Alzheimer erkrankte Mutter. Am 21. Juli 2005 begleitete die Klägerin ihre Mutter eine Treppe hinauf, wobei die Mutter stolperte und die Klägerin bei dem Versuch, sie festzuhalten, ebenfalls stürzte und sich unter anderem eine Fraktur des 5. Mittelhandknochens in der rechten Hand zuzog. Die Fraktur wurde sodann mittels einer Gipsschiene behandelt.
In einem fachärztlichen Bericht vom 20. Oktober 2005 stellten Dr. D./Dr. E. von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) Frankfurt fest, dass die Klägerin den Faustschluss rechts vollständig durchführen könne, die grobe Kraft aber reduziert sei. In einem Entlassungsbericht zu einem stationären Aufenthalt der Klägerin in der BGU vom 31. Oktober bis 18. November 2005 wurde hinsichtlich eines Computertomogramms (CT's) der rechten Hand noch ein minimaler Bruchspalt mit deutlicher Callusbildung, jedoch noch nicht vollständig durchbaut festgestellt. In einem weiteren Befundbericht der BGU vom 6. Dezember 2005 stellten Dr. F./Dr. G. fest, dass die Klägerin über eine anhaltende belastungsabhängige Schmerzsymptomatik der rechten Hand und des Unterarms klage, die gesamte Symptomatik zur Zeit aber nicht für eine Heilentgleisung spreche. Dr. D./Dr. H. kamen in einem weiteren Befundbericht der BGU vom 19. Dezember 2005 zu dem Ergebnis, dass Arbeitsfähigkeit ab dem 19. Dezember 2005 vorliege und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaß nicht verbleiben werde.
Am 29. Dezember 2005 suchte die Klägerin erneut die BGU auf. In ihrem Bericht vom 5. Januar 2006 kamen Dr. F. und Dr. G. zu dem Ergebnis, dass eine Heilentgleisung weiterhin nicht wahrscheinlich sei, trotzdem zur Abklärung eine Szintigraphie beider Hände empfohlen werde. Am 25. Januar 2006 wurde daraufhin eine 3-Phasen-Skelettszintigraphie der Hände durchgeführt, wobei Frau Dr. J. eine unauffällige Perfusion, venöse Blutfülle und Osteometabolismus in beiden Händen, insbesondere im Bereich des DIG V rechts ohne Hinweis auf entzündungstypische oder frakturtypische Veränderungen feststellte.
In einem 1. Rentengutachten führte sodann der Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Handchirurgie Dr. K. am 5. Januar 2008 aus, die Fraktur sei in idealer Stellung fest verheilt und der Kalksalzgehalt sowie die Knochenbälkchenstruktur in der rechten Hand normal. Der Faustschluss sei der Klägerin möglich und die Gebrauchsspuren zeigten, dass die rechte Hand normal eingesetzt werde. Als Unfallfolgen stellte er eine subjektive Kraftminderung beim Faustschluss fest. Die Bewegungsmaße waren für die Finger der rechten wie der linken Hand praktisch identisch, der rechte Arm wies bei der rechtshändigen Klägerin ein Muskelplus von rund 1 cm auf. Die MdE schätzte Dr. K. ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 19. Dezember 2005 bis 18. Juni 2006 mit 10 v. H. und anschließend mit weniger als 10 v. H. ein. In einem neurologischen Zusatzgutachten vom 29. Januar 2008 kam Dr. L. zu dem Ergebnis, bei der Klägerin seien keine eindeutigen Nervenläsionen und auch keine eindeutigen Paresen feststellbar. Insgesamt bestehe kein unfallbedingter Nervenschaden, die Klägerin habe aber konstant sämtliche Funktionen der rechten oberen Extremität weniger als links durchgeführt. Die von der Klägerin angegebenen Schwäche sowie die angegebenen Hautareale verminderten Empfindens ließen sich anatomisch nicht zuordnen und kontrastierten mit einem normalen Reflexbefund. Eine MdE lasse sich nicht feststellen, es werde jedoch die Verdachtsdiagnose einer somatoformen Störung geäußert.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2008 erkannte die Beklagte gegenüber der Klägerin daraufhin den Unfall vom 21. Juli 2005 als Arbeitsunfall an, lehnte die Gewährung einer Rente jedoch ab, da die Erwerbsfähigkeit der Kläge...