Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütungsanspruch für einen stationären Krankenhausaufenthalt trotz Nichteinhaltung der Qualitätssicherungsrichtlinie zum Bauchaortenaneurysma
Leitsatz (amtlich)
Verstößt ein zugelassenes Krankenhaus gegen die Qualitätssicherungsrichtlinie zum Bauchaortenaneurysma, steht dies dem Vergütungsanspruch nicht entgegen, da die Richtlinie keine entsprechenden Regelungen zu Vergütungsabschlägen enthält.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. September 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten um die Vergütung für einen stationären Krankenhausaufenthalt.
Tatbestand
Die Klägerin ist Betreiberin des in den Krankenhausplan des Landes Hessen aufgenommenen GPR Klinikums in A-Stadt. Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 2. Januar 2011 die Kosten für die stationäre Behandlung der Versicherten QQ. im Zeitraum vom 9. bis 18. Dezember 2010 in Höhe von 7.808,31 € in Rechnung. Dieser Rechnung lag die DRG F08D (rekonstruktive Gefäßeingriffe ohne Herz-Lungen-Maschine, ohne komplizierende Konstellation, ohne thorakoabdominales Aneurysma, mit komplexem Eingriff, mit Mehretagen- oder Aorteneingriff oder Reoperation, ohne äußerst schwere CC) zugrunde.
Ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) leitete die Beklagte in diesem konkreten Fall nicht ein. Mit Gutachten vom 25. Oktober 2010 stellte der MDK allerdings aufgrund einer Begehung am 14. Oktober 2010 hinsichtlich des betreffenden Klinikums fest, dass der aktuelle Rufdienstplan der drei Oberärzte nur zwei endovaskulär erfahrene Gefäßchirurgen ausweise. Somit sei die Forderung, dass zu jeder Zeit ein gefäßchirurgischer Facharztdienst, der mit allen gängigen Verfahren zur Behandlung und Operation von Bauchaortenaneurysmen vertraut ist und diese eigenständig durchführen kann, zum Zeitpunkt der Begehung nicht erfüllt (§ 4 Abs. 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung bei der Indikation Bauchaortenaneurysma - Qualitätssicherungs-Richtlinie zum Bauchaortenaneurysma - QBAA-RL). Ferner habe hinsichtlich der Assistenzärzte, die für die stationäre postprozedurale Versorgung der Patienten zuständig seien, die geforderte gefäßchirurgische Erfahrung nicht nachgewiesen werden können (§ 4 Abs. 2 QBAA-RL). Darüber hinaus würden nicht gemäß § 4 Abs. 3 QBAA-RL in jeder Schicht eine Pflegekraft mit Fachweiterbildung im Bereich Intensivpflege und Anästhesie eingesetzt werden. Auch sei nicht nachgewiesen, dass gemäß § 4 Abs. 4 QBAA-RL die Narkose durch einen Facharzt für Anästhesiologie durchgeführt worden sei. Schließlich fehle es auch an einem Nachweis darüber, dass die präoperative Diagnostik des Bauchaortenaneurysmas durch ein interdisziplinäres Team gemäß § 5 Abs. 1 QBAA-RL sichergestellt sei.
Hiergegen wandte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Februar 2011 ein, § 4 Abs. 1 QBAA-RL fordere lediglich, dass der Operateur Facharzt sein müsse und mit allen gängigen Verfahren vertraut sei. Dies sei bei den drei Oberärzten der Fall. Hinsichtlich § 4 Abs. 2 QBAA-RL genüge es, dass ein gefäßchirurgischer Facharzt im Hintergrund Dienst habe, was im Klinikum gegeben sei. Zudem hätten die Assistenzärzte Erfahrungen in der Gefäßchirurgie. Die Voraussetzungen an die Pflegekräfte (§ 4 Abs. 3 QBAA-RL) müssten erst ab dem 31. Dezember 2013 erfüllt sein. Die vom MDK geforderten Narkoseprotokolle seien für den Nachweis, dass ein Facharzt für Anästhesie die Narkose durchgeführt habe, nicht erforderlich. Auch die geforderten Teamsitzungsprotokolle seien nicht notwendig. Zudem habe der MDK gemäß § 277 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) das Klinikum von dem Ergebnis der Prüfung in Kenntnis setzen müssen. Mit der Übermittlung des Gutachtens erst im Februar 2011 sei ein wesentlicher Termin versäumt worden, da § 6 Abs. 3 QBAA-RL in der damals gültigen Fassung vorgesehen habe, dass die Anforderungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 QBAA-RL - soweit noch nicht erfüllt - bis zum 31. Dezember 2010 zu erfüllen und gegenüber der Krankenkasse nachzuweisen seien.
Unter dem 3. März 2011 stellte der MDK hierauf fest, dass die in § 4 Abs. 2 bis 4 sowie § 5 Abs. 1 QBAA-RL bestimmten Anforderungen nicht erfüllt seien. In der Stellungnahme des MDK vom 14. Juli 2011 schließlich werden die Anforderungen gemäß § 4 Abs. 2 bis 4 QBAA-RL als noch nicht erfüllt angesehen.
Unter Bezugnahme auf das Grundsatzgutachten des MDK vom 25. Oktober 2010 verweigerte die Beklagte mit Schreiben vom 7. Januar 2011 die Begleichung der o.g. Rechnung.
Am 25. August 2011 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben und vorgetragen, dass die Beklagte mit Einwendungen ausgeschlossen sei, da sie kein MDK-Prüfverfahren innerhalb...