Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialabgabe. Begriff der Werbung. Auftragserteilung an Personenhandelsgesellschaften als selbständige Künstler. künstlerische oder publizistische Leistung im Werbeunternehmen. Verfassungsmäßigkeit der Abgabepflicht Eigenwerbung betreibender Unternehmen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Großhandelsunternehmen, welches seine Produkte regelmäßig durch Prospekte und Kataloge bewirbt, die es durch selbständige Fotografen und Grafiker erstellen lässt, unterliegt als so genannter Eigenwerber der Abgabepflicht in der Künstlersozialversicherung. Auf die künstlerische Qualität der Werbematerialien kommt es nicht an (Anschluss an BSG vom 12.11.2003 - B 3 KR 8/03 R = SozR 4-5425 § 24 Nr 2).
2. Wird der Auftrag zur Erstellung der Werbematerialien einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) erteilt, so handelt es sich damit um einen Auftrag an “selbständige Künstler„ im Sinne von § 24 Abs 1 S 2 KSVG.
Orientierungssatz
1. Werbung liegt auch dann vor, wenn damit, abgesehen vom Erwecken allgemeiner Aufmerksamkeit, auch die Aufforderung zu einem konkreten Kaufangebot verbunden ist, wobei insbesondere Prospekte und Kataloge in diesem Bereich typische Werbeträger sind (vgl BSG vom 12.11.2003 - B 3 KR 8/03 R aaO).
2. Unter der vom KSVG vorgegebenen Prämisse, das auch Grafiker und Layouter zu den Künstlern zu rechnen sind, weil es auf die künstlerische Gestaltungshöhe nicht ankommt, ist eine vollständige Delegation der ausführenden Tätigkeiten auf Mitarbeiter denkbar, ohne dass die verbleibende geistige Oberleitung bei niedrigerem Anspruchsniveau die Qualifizierung als künstlerische Leistung dadurch verliert (vgl BSG vom 24.7.2003 - B 3 KR 37/02 R = SozR 4-5425 § 25 Nr 1).
3. Es ist verfassungsrechtlich geboten, auch die Eigenwerbung betreibenden Unternehmen, soweit sie selbständige Künstler oder Publizisten heranziehen, in die Abgabepflicht einzubeziehen (vgl BVerfG vom 8.4.1987 - 2 BvR 909/82 = BVerfGE 75, 108).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Pflicht der Klägerin zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die Klägerin ist ein Großhandelsunternehmen, die in ihren Märkten Nahrungsmittel und Konsumgüter verkauft. Auf ihr Angebot weist sie in regelmäßig (meist wöchentlich) erscheinenden Katalogen und Prospekten hin. Mit der Erstellung dieser Werbematerialien war vom 1. Januar 1997 bis 28. Februar 1997 zunächst die Firma I. GmbH & Co KG beauftragt. Ab März 1997 übernahm diese Tätigkeit die von dem Grafiker D. M. und dem Fotografen S. H. am 7. März 1997 gegründete, im Handelsregister eingetragene Werbeagentur Firma M. & H. OHG, die am 4. August 1998 in eine GmbH umgewandelt wurde.
Aufgrund einer Betriebsprüfung, welche den Zeitraum von 1994 bis 1998 umfasste, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Oktober 1999 fest, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 1997 als Eigenwerber gemäß § 24 KSVG abgabepflichtig sei. Für das Jahr 1997 setzte sie eine Künstlersozialabgabeschuld in Höhe von 99.064,01 DM fest. Hierbei berücksichtigte die Beklagte für den Bereich der bildenden Kunst von der Klägerin gezahlte Entgelte in Höhe von 1.679.051 DM, welche sich aus Honorarzahlungen an die Firma M. & H. OHG in Höhe von 1.668.213 DM und an ein Fotostudio F. in Höhe von 10.837,00 DM zusammensetzte.
Die Klägerin erhob am 19. November 1999 Widerspruch. Sie machte geltend, nach dem KSVG seien nur Honorarzahlungen an selbständige Künstler abgabepflichtig. Die so genannte “Stillfotografie" sei keine künstlerische Tätigkeit. Zudem seien die Herren M. und H. auch selbst nicht künstlerisch tätig geworden, sondern seien maßgeblich damit beschäftigt gewesen, die OHG zu strukturieren und die Mitarbeiter der früheren I. GmbH & Co KG in ihre Arbeitsabläufe zur Auftragserfüllung gegenüber der Klägerin zu integrieren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zahlungen für die so genannte “Stillfotografie" seien abgabepflichtig, weil die Tätigkeit eines Werbefotografen dem Bereich der bildenden Kunst zuzuordnen sei. Dabei seien auch Zahlungen an eine OHG als Zahlungen an selbständige Künstler zu qualifizieren, weil die Gesellschafter als Grafiker und Fotograf für die künstlerischen Leistungen zuständig seien.
Die Klägerin hat am 17. März 2000 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben und geltend gemacht, der Abgabetatbestand der so genannten “Eigenwerbung" liege bei ihr nicht vor. Die Erstellung der Werbekataloge sei komplett der Firma M. & H. OHG übertragen worden, weshalb diese als “Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" betreibendes Unternehmen im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG anzusehen und damit selbst abgabepflichtig sei, was aber ihre (der Klägerin) Abgabepflicht ausschließe. Sie habe au...