Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt ≪hier: Facharzt für Radiologie≫. Begründung. Honorarbescheid. Honorarverteilungsmaßstab ≪HVM≫. rückwirkende Änderung. Ermächtigungsgrundlage für HVM und EBM (juris: EBM-Ä). angemessene Vergütung. Festlegung. bundesdurchschnittlicher Praxiskostensatz. Mengenbegrenzung durch Honorartopf. Übernahme EBM-Wippe. Gesamtvergütung. Abzug für Erweiterte Honorarverteilung und Verwaltungskosten
Orientierungssatz
1. Honorarbescheide haben die maßgeblichen Berechnungsfaktoren und wesentlichen Berechnungsschritte darzulegen, wobei diese auch aus den Anlagen, wenn diese Bestandteile der Bescheide sind, folgen können. Die Anforderungen sind insoweit jedoch auf die wesentlichen Angaben begrenzt; nicht erforderlich ist es, dass im Einzelnen alle erheblichen Umstände, Zahlen und Beträge sowie rechtlichen Zusammenhänge erläutert werden (vgl BSG vom 3.12.1997 - 6 RKa 21/97 = BSGE 81, 213 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23).
2. Auch für einen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) als Satzungsrecht gilt grundsätzlich das Verbot einer rückwirkenden Änderung von Vorschriften, jedoch gilt dies nur in dem Maße, in dem dies nach der Funktion des HVM tatsächlich geboten ist. Die Grenze rückwirkender Inkraftsetzung liegt jedoch darin, dass gezielt steuernd wirkende Honorarverteilungsregelungen, die einer Vermeidung der übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit eines Arztes dienen sollen, den betroffenen Ärzten rechtzeitig bekannt sein müssen, damit diese sich hierauf einstellen können (vgl BSG vom 3.3.1999 - B 6 KA 15/98 R = SozR 3-2500 § 85 Nr 31).
3. Paragraph 85 SGB 5 stellt eine ausreichende und hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage für einen HVM dar. Dies gilt entsprechend für den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) in § 87 SGB 5.
4. Weder aus Art 12 Abs 1 GG noch aus den Vorschriften des SGB 5 kann der Anspruch eines einzelnen Arztes auf ein "angemessenes Honorar" oder in abgeschwächter Form auf einen festen Punktwert hergeleitet werden. Die Angemessenheit bzw fehlende Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung kann in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl BSG vom 8.3.2000 - B 6 KA 8/99 R) nur geltend gemacht werden, wenn das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa einer Facharztgruppe, so beeinträchtigt ist, dass auch die berufliche Existenz der in dem Versorgungssystem beteiligten Vertragsärzte gefährdet ist.
5. Bei der Festlegung der bundesdurchschnittlichen Praxiskostensätze hat das BSG für die Berechnung der Praxisbudgets (hier für die Facharztgruppe der Hausärzte) festgestellt, dass es sich um normative Regelungen, nicht um Tatsachenfeststellungen handle (vgl BSG vom 15.5.2002 - B 6 KA 33/01 R). Auch wenn für den Bereich der Fachuntergruppe der Radiologen Praxisbudgets nicht vorgesehen sind, kann dieser Rechtsprechung eine generelle Aussage entnommen werden.
6. Die Möglichkeit der Mengenbegrenzung durch die Bildung von Honorartöpfen ist auch bei überweisungsgebundenen Leistungen zulässig, wie dies für die Radiologen gilt.
7. Die Übernahme der "EBM-Wippe" in einen Honorarverteilungsmaßstab ist rechtens, wenn diese eine zulässige Abstaffelungsregelung auch für - auf Überweisung hin tätige - Arztpraxen regelt, die nicht in die Praxisbudget-Regelung des EBM einbezogen sind.
8. Soweit von der zur Verteilung zu bringenden Gesamtvergütung ein Abzug für die Erweiterte Honorarverteilung - EHV - in Höhe von 5 vH erfolgt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
9. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist berechtigt, Verwaltungskosten von der Gesamtvergütung abzuziehen.
Tenor
I. Die Berufungen der Kläger gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. April 2000 und 23. Juli 2000 werden zurückgewiesen. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz zu erstatten. Im Übrigen ha-ben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars für die Quartale III und IV/97 sowie II/98. Die Kläger sind als Fachärzte für Radiologie zur vertragsärztlichen Behandlung mit Praxissitz in G zugelassen.
Die Beklagte führte in ihren Grundsätzen der Honorarverteilung (Honorarverteilungsmaßstab -- HVM) ab dem Quartal III/92 für den Primärkassenbereich eine arztbezogene Honorarbegrenzung ein, die auf den auf der Grundlage der der Mengenbegrenzung unterliegenden Leistungen bzw. Leistungsbereichen ermittelten Teilfallwert der Fachgruppe abstellte. In der Folgezeit wurde diese unter Bildung von einzelnen Honorargruppen ab dem Quartal I/93 sowie unter Einbeziehung des Ersatzkassenbereichs ab dem Quartal I/95 mehrfach modifiziert und zugleich auch verschärft. Für beide Kassenbereiche wurden jeweils sieben Honorargruppen eingeführt, wobei die nicht spezifisch aufgeführten Leistungen der Honorargruppe 4 wiederum einer Teilquotierung gemäß Anlage 3 zu Leitzahl (LZ...