Entscheidungsstichwort (Thema)
Form der Erklärung des Einverständnisses zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Berufungsverfahren sind von Amts wegen nur solche wesentlichen Verfahrensmängel zu beachten, wenn es sich um Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze handelt, deren Beachtung im öffentlichen Interesse liegt und deren Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist.
2. Da die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichten können, liegt kein von dem Berufungsgericht von Amts wegen zu beachtender wesentlicher Verfahrensmangel vor, wenn die dazu erforderlichen Erklärungen nicht in dem für die Dokumentierung von Prozeßhandlungen sonst vorgeschriebenen Verfahren festgehalten werden.
Normenkette
SOG § 124 Abs. 2, § 150 Nr. 2
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.08.1980; Aktenzeichen S 9 Kr 22/78) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. August 1980 wird, soweit der Bezug von Krankengeld für die Zeit vom 31. Juli bis zum 13. September 1973 im Streit steht, als unzulässig verworfen; im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 31. Juli bis 13. September 1973 sowie die Erstattung von Fahrkosten aus Anlaß von Arztbesuchen 1973.
Die Beklagte gewährte dem Kläger vom 12. April bis zum 29. Juli 1973 wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Wiederholt, u.a. mit dem Schreiben vom 25. November 1973 und demjenigen seiner früheren Bevollmächtigten, der Rechtsanwälte P. und T. (K.), vom 3. Januar 1974, verlangte er Krankengeldzahlungen auch für die Zeit ab dem 31. Juli 1973. Mit formlosem Bescheid vom 19. April 1974, gerichtet an Rechtsanwalt T., lehnte die Beklagte den erhobenen Anspruch ab.
Unter dem 26. Januar 1978 begehrte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 31. Juli bis zum 13. September 1973. Außerdem verlangte er höheres Krankengeld für den Zeitraum vom 12. April bis zum 29. Juli 1973, als es ihm gezahlt worden sei. Ferner beantragte er die Fahrkosten aus Anlaß ärztlicher Behandlungen vom 12. April bis zum 13. September 1973 zu erstatten. Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger formlos unter dem 1. und 21. Februar 1978 mit, daß der Anspruch auf Krankengeld bereits 1974 festgestellt worden sei und sich auch aus dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (L-3/U-846/76) vom 25. Januar 1978 im Verfahren gegen die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft keine weiteren Ansprüche ergäben.
Zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hat der Kläger am 9. Februar 1978 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – Klage erhoben. Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 10. Juli 1978 und den Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 1979, mit dem sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. April 1974 als verspätet zurückwies, erteilt hatte, hat der Kläger nur noch Krankengeld für die Zeit vom 31. Juli bis zum 13. September 1973 sowie Fahrkostenersatz aus Anlaß der ärztlichen Behandlungen 1973 begehrt. Außerdem hat er sich in der mündlichen Verhandlung vom 11. April 1980 mit einer Entscheidung des SG ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Das SG hat ihm wiederholt, aber erfolglos, aufgegeben, die Rechtzeitigkeit der Widerspruchseinlegung sowie die Höhe der entstandenen Fahrauslagen zur Wahrnehmung ärztlicher Behandlungen darzulegen und nachzuweisen. Die Beklagte hat erklärt, nicht in den Besitz eines Widerspruchsschreibens vom 3. Mai 1974 gelangt zu sein; außerdem erhebe sie die Einrede der Verjährung. In den Akten des SG befindet sich ferner auf Blatt 45 Rückseite ein Vermerk: „Bekl. mit omV einverstanden.” Handzeichen und Datum sind unleserlich.
Hierauf hat das SG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil am 22. August 1980 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt; Die Beteiligten hätten sich unter dem 11. April 1980 und 20. Mai 1980 mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Die zulässige Klage sei unbegründet. Der Bescheid über die Ablehnung des Krankengeldes vom 19. April 1974. sei bindend geworden, da gegen diesen nicht binnen Jahresfrist Widerspruch eingelegt worden sei. Ein solcher Nachweis könne nicht geführt werden. Der Widerspruchsbescheid sei nicht zu beanstanden. Der Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten wegen Arztbesuchen sei verjährt.
Gegen dieses an ihn mit Einschreiben am 27. August 1980 abgesandte Urteil, in dem die Rechtsmittelbelehrung dahin erteilt worden ist, daß die Berufung nur statthaft sei, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt werde und dieser auch tatsächlich vorliege, hat der Kläger zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem SG am 10. September 1980 dieses Rechtsmittel eingelegt.
Der zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladene, aber ausgebliebene...