Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosigkeit. selbständige Tätigkeit. geringfügige Beschäftigung. kurzzeitige Beschäftigung. Rechtsanwalt
Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit eines selbständigen Rechtsanwalts pflegt, jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt – unabhängig davon, ob dies rechtlich zulässig ist, – seine Rechtsanwaltstätigkeit nicht durch bestimmte äußere Vorkehrungen von vornherein selbst in zeitlicher Hinsicht einschränkt, der Natur der Sache nach nicht aufwendiger als zwanzig Stunden wöchentlich beschränkt zu sein. Da einer solchen Tätigkeit keine derartige zeitliche Beschränkung immanent ist, ist es rechtlich unerheblich, wieviele Stunden lang sie im konkreten Falle tatsächlich wöchentlich ausgeübt wurde.
Normenkette
AFG § 101 Abs. 1, § 102 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.03.1978; Aktenzeichen S - 15/Ar - 868/76) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 1978 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung der Beklagten zur Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung von Alhi.
Der am 5. Dezember 1948 geborene Kläger hat am 27. November 1975 die zweite juristische Staatsprüfung bestanden. Am 1. Dezember 1975 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alhi. Er gab an, er wolle eine Tätigkeit in der Privatwirtschaft ausüben; die in dem Antragsvordruck gestellte Frage nach der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit wurde verneint.
Am 5. Januar 1976 wurde der Kläger aufgrund eines noch vor dem 1. Dezember 1975 gestellten Antrages als Rechtsanwalt beim Landgericht Frankfurt am Main vereidigt; er übt seitdem zusammen mit seinem Kollegen … J. in … (Taunus) den Beruf eines selbständigen Rechtsanwalts aus.
Nachdem der Beklagten von dritter Seite die Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit des Klägers zugetragen worden war, stellte sie nach einem Beratungsgespräch mit dem Kläger am 3. März 1976 ab dem 4. März 1976 die dem Kläger mit Bescheid vom 26. Januar 1976 bewilligte Alhi ein. Ihre Ermitlungen ergaben, daß der Kläger in seiner Wohnung eine Anwaltskanzlei eingerichtet hatte; nach dem am Hauseingang angebrachten Kanzleischild wurden die Bürostunden montags bis freitags jeweils in der Zeit von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr sowie von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und die Sprechstunden montags bis freitags jeweils von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr sowie nach Vereinbarung abgehalten. Diese Zeiten stimmen mit den auf dem Schriftsatz des Klägers vom 8. Mai 1978 (Berufungseinlegung) und den auf dem Schriftsatz vom 11. Februar 1980 aufgedruckten Büro- und Sprechstundenzeiten überein.
Weiterhin ergaben die Ermittlungen der Beklagten, daß der Kläger zusammen mit seinem Kollegen J. in den Monaten Januar 1976 und Februar 1976 aus dem Betrieb der Rechtsanwaltskanzlei Einnahmen in Höhe von 4.104,68 DM und Ausgaben in Höhe von 5.044,28 DM hatte. Diese Angaben wurden von dem Kläger dahingehend ergänzt, daß die Einnahmen im ersten Quartal 1976 insgesamt 7.452,14 DM und die Ausgaben insgesamt 8.629,23 DM betragen hätten und in dieser Zeit insgesamt 63 Akten angelegt worden seien, wovon die Hälfte auf ihn entfalle. Gleichzeitig gab der Kläger an, die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes sei das Endziel seiner beruflichen Ausbildung gewesen; er sei jedoch nach wie vor daran interessiert, eine unselbständige Tätigkeit als Anwalt auszuüben, z.B. in der Rechtsabteilung einer Bank oder Versicherungs-Gesellschaft.
Mit Bescheid vom 21. September 1976 hob die Beklagte den Bescheid über die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 5. Januar 1976 auf mit der Begründung, daß der Kläger nicht als Arbeitnehmer anzusehen sei, weil er überwiegend selbständig tätig sei und beabsichtige, diese Tätigkeit auch weiterhin auszuüben; gleichzeitig forderte sie von dem Kläger die für die Zeit vom 5. Januar 1976 bis 3. März 1976 in Höhe von 1.359,66 DM bezogene Alhi zurück, weil der Kläger ihr die Ausübung der selbständigen Tätigkeit nicht angezeigt habe.
Am 1. Oktober 1976 legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 1976, dem Kläger zugestellt am 2. Dezember 1976, als unbegründet zurückwies. Im einzelnen wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.
Am 31. Dezember 1976 hat der Kläger durch Einreichen einer Klageschrift bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben und dabei das Begehren auf Gewährung von Alhi auf die Zeit bis zum 30. Juni 1976 beschränkt.
Er hat sein früheres Vorbringen dahingehend ergänzt, daß sowohl er als auch sein Kollege J. bei der Einrichtung der Anwaltskanzlei davon ausgegangen seien, daß diese Kanzlei sie zunächst in den ersten zwei Jahren nicht werde ernähren können; sie hätten deshalb geplant, Arbeitsverhältnisse als unselbständige Arbeitnehmer e...