Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. hauptberuflich Selbstständiger. Zahlung eines Spitzbetrages während des Bezugs von Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Aufstockungsverbot gilt nur für Krankengeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hauptberuflich Selbständigen, die Krankengeld ab dem 21. Tag der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Wahlerklärung beziehen, ist die Zahlung eines Krankengeld-Spitzbetrages während des Bezuges von Übergangsgeld der gesetzlichen Rentenversicherung nicht durch eine Satzungsregelung verwehrt, die Krankengeld während des Bezuges von Übergangsgeld nur "soweit und solange" ausschließt.

2. Das Aufstockungsverbot des § 49 Abs 3 SGB 5 gilt nur für das gesetzliche Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit.

 

Orientierungssatz

Zu Leitsatz 1 Anschluss an BSG vom 12.3.2013 - B 1 KR 17/12 R = SozR 4-2500 § 49 Nr 6 RdNr 11.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 18. Mai 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2017 teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, unter Zurücknahme des Bescheides vom 14. Januar 2014 dem Kläger für die Zeit vom 21. November 2013 bis 4. Dezember 2013 Krankengeld unter Anrechnung des für den gleichen Zeitraum bestehenden Anspruchs auf Übergangsgeld zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Bewilligung von Krankengeld für die Zeit des Übergangsgeldbezuges vom 13. November 2013 bis 4. Dezember 2013 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im Streit.

Der Kläger ist selbständiger Baubetreuer / Bauleiter. Er ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert mit dem Wahltarif Krankengeld Klassik 22. Der Kläger befand sich vom 31. Oktober 2013 bis 9. November 2013 in stationärer Krankenhausbehandlung wegen einer Implantation einer Endoprothese am Kniegelenk. Für diese Zeit zahlte die Beklagte Krankengeld. Vom 13. November 2013 bis zum 4. Dezember 2013 wurde der Kläger im Rahmen einer Anschlussrehabilitation stationär in der Kaiserberg-Klinik Median in Bad Nauheim behandelt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte dem Kläger Übergangsgeld für den Zeitraum vom 13. November 2013 bis 4. Dezember 2013. Bei einem Tagessatz von EUR 8,00 zahlte sie für 22 Tage EUR 176,00.

Der Kläger legte der Beklagten eine Erstbescheinigung über Arbeitsunfähigkeit der Berufsausübungsgemeinschaft C. / Dr. D.-C., Fachärzte für Allgemeinmedizin, für den Zeitraum 11. bis 12. November 2013, festgestellt am 5. Dezember 2013, und eine Folgebescheinigung über Arbeitsunfähigkeit bis zum 4. Januar 2014, festgestellt am 5. Dezember 2013, vor. Weiter legte der Kläger Auszahlscheine vom 2. Januar 2014, 13. Januar 2014, 4. Februar 2014, 24. Februar 2014 und vom 11. März 2014 mit attestierter Arbeitsunfähigkeit bis insgesamt 31. März 2014 vor. Die Beklagte zahlte daraufhin Krankengeld vom 5. Dezember 2013 bis 31. März 2014 (EUR 91,88 kalendertäglich). Am 1. April 2014 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

Nach Aktenvermerken der Beklagten wurde dem Kläger am 14. Januar 2014 und 13. Februar 2014 telefonisch mitgeteilt, dass für die Dauer der Zahlung von Übergangsgeld kein Anspruch auf Krankengeld bestehe. Bei dem Zusatztarif sei kein Krankengeld-Spitzbetrag möglich.

Der Kläger teilte mit Schreiben vom 4. Mai 2016 mit, er habe sich seinerzeit mit der Auskunft abgefunden, kein zusätzliches Krankengeld erhalten zu können. Er habe nun erfahren, dass ihm ein Krankengeldspitzbetrag zustehe. Es stehe ihm daher für die 22 Tage der Krankengeldspitzbetrag in Höhe von EUR 90,00 täglich abzüglich des Übergangsgelds in Höhe von EUR 176,00 zu.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19. Mai 2016 die Bewilligung des Krankengeldspitzbetrages ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei vom 31. Oktober 2013 bis 31. März 2014 arbeitsunfähig gewesen. Anspruch auf Krankengeld nach dem TK-Tarif KG Klassik 22 habe vom 21. November bis 11. Dezember 2013 bestanden. Vom 12. Dezember 2013 bis 31. März 2014 habe ein Anspruch auf gesetzliches Krankengeld bestanden. Nach den Teilnahmebedingungen des TK-Tarifs KG Klassik 22 sei der Anspruch auf Krankengeld bei Bezug von Übergangsgeld ausgeschlossen.

Hiergegen erhob der Kläger am 10. Juni 2016 Widerspruch. Er trug vor, das Bundesversicherungsamt habe 2001 die Rechtsauffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung der in § 49 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zum Ausdruck kommenden Wertentscheidung § 49 Abs. 3 SGB V so auszulegen sei, dass die in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig Versicherten nur die Einschränkungen hinzunehmen hätten, die sich allein für das Übergangsgeld aufgrund der insoweit geltenden gesetzlichen Berechnungsmodalitäten ergäben. Auch die Spitzenverbände der Kra...

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