Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29.11.2021 sowie der Bescheid der Beklagten vom 08.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2018 in der Gestalt des Bescheides vom 22.06.2023 aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers in der Fahrradstation der Beigeladenen zu 1.) am Hauptbahnhof A-Stadt in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.08.2005 und vom 01.09.2008 bis zum 31.12.2018 im Rahmen einer abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt wurde.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit für die Stadt A-Stadt (Beigeladene zu 1.) in der Fahrradstation am Hauptbahnhof abhängig beschäftigt war.
Die Beigeladene zu 1.) ist Pächterin verschiedener Gebäudeteile des Hauptbahnhofs A-Stadt (sog. „M.“). Sie hatte dort nach entsprechender Bewilligung von Fördergeldern durch das Land Hessen Ende der 1990er Jahre eine Fahrradstation mit Fahrrad-Parkhaus eingerichtet. Die Stadt beauftragte zunächst den S. gGmbH mit dem Betrieb des Fahrradparkhauses verbunden mit einem geförderten Beschäftigungsprojekt. Der 1960 geborene Kläger war - u.a. neben Herrn C. - als abhängig Beschäftigter für den S. gGmbH in der Zeit vom 01.05.2003 bis zum 31.12.2004 mit der Betreuung des Fahrradparkhauses betraut. Die Personalkosten wurden durch die Sozialverwaltung getragen. Da sich zum 01.01.2005 mit Einführung des Sozialgesetzbuches Band II die Rechtslage änderte, war es dem S. gGmbH nicht mehr möglich, das Fahrradparkhaus über den 31.12.2004 hinaus weiter zu betreiben. Infolgedessen planten der Kläger und Herr C. das Fahrradparkhaus selbstständig zu betreiben. Ihr Konzept sah vor, dass sie neben den Einnahmen aus der Vermietung der Stellplätze eine zusätzliche Vergütung beziehen sollten. Dies wurde seitens des Liegenschaftsamtes der Beigeladenen zu 1.) (nachfolgend: Eigenbetrieb Immobilienmanagement der Wissenschaftsstadt A-Stadt ≪IDA≫) jedoch abgelehnt, da dies mit den Förderbedingungen des Landes kollidiere. Dem Kläger und Herrn C. wurde seitens der Beigeladenen zu 1.) (vertreten durch Herrn H.) hingegen eine Firmengründung vorgeschlagen; mit dieser Gesellschaft sollte nachfolgend ein „Werkvertrag“ geschlossen werden. In der Begründung der Beschlussvorlage der Beigeladenen zu 1.) vom 13.12.2004 heißt es hierzu:
„… Zwei der drei Mitarbeiter in der Fahrradstation, die Herren A. und C., haben angeboten, die Fahrradstation ab dem 1. Januar 2005 gegen Zahlung eines monatlichen Entgeltes von 1.500,00 €/Person zu betreuen. Da die Zahlung von Zuschüssen an Privatpersonen gemäß den gültigen Richtlinien nicht möglich ist, wurde in Abstimmung mit Revisionsamt und Rechtsamt der vorgeschlagene Weg über eine Firmengründung und anschließendem Abschluss eines Werkvertrages als die praktikabelste Lösung angesehen. Die Ersparnis der Stadt gegenüber der derzeitigen Regelung beträgt ca. 40.000 €/p.a. (…) Auf eine beschränkte Ausschreibung wird ausnahmsweise verzichtet, da nicht davon auszugehen ist, eine Firma zu finden, die für dieses Entgelt die notwendigen Aufgaben erledigt.“
Der Kläger, Herr C. und die Beigeladene zu 1.), vertreten durch Herrn H., schlossen sodann am 31.12.2004 den seitens der beigeladenen Stadt aufgesetzten und als „Auftrag“ überschriebenen Vertrag mit folgendem Inhalt:
1. Der Auftragnehmer wird beauftragt, ab 1. Januar 2005 die Fahrradstation im A-städter Hauptbahnhof zu betreuen. Der Vertrag wird für den Zeitraum von zwei Jahren geschlossen, er verlängert sich jeweils um zwei weitere Jahre, wenn er nicht von einem der Vertragspartner mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende gekündigt wird. Die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
2. Die erforderlichen behördlichen Berechtigungen sind vom Auftragsnehmer selbst einzuholen.
3. Der Auftragnehmer trägt die Verkehrssicherungspflicht für die Fahrradstation, haftet für die ordnungsgemäße Erfüllung des Auftrags und stellt die Stadt von Ansprüchen Dritter frei. Empfohlen wird der Abschluss einer Haftpflichtversicherung, die auch das Diebstahlrisiko abdeckt.
4. Das Fahrradparkhaus ist zu folgenden Öffnungszeiten offen zu halten:
|
Öffnungszeiten. Montag - Freitag: |
6:00 Uhr-24:00 Uhr |
Samstag/Sonntag/Feiertag: |
8:00 Uhr-22:00 Uhr |
5. Sollte der Auftragnehmer, aus welchem Grund auch immer, verhindert sein, den Auftrag durchzuführen, ist der Auftragnehmer berechtigt, den Auftrag auf seine Kosten von geeigneten Dritten durchführen zu lassen, wobei im Vorfeld die Zustimmung der Stadt einzuholen ist.
6. Die Gebühren werden wie folgt festgelegt:
|
Tageskarte: |
0,75 € |
Monatskarte: |
7,00 € |
Jahreskarte: |
30,00 € |
Die Auftragnehmer nehmen die Parkgebühren für die Stadt A-Stadt ein, erstellen die monatliche Abrechnung und zahlen die Beträge bis zum 5. eines jeden Monats auf ein ...