Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Leistungspflicht der Krankenkasse für Liposuktion - Fettabsaugung
Orientierungssatz
1. Eine unter stationären Bedingungen durchgeführte Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen ist von der Krankenkasse gegenüber deren Versicherten nicht zu erbringen, weil diese Behandlungsmethode nicht dem allgemeinen Qualitätsgebot nach § 2 Abs. 1 S. 3 SGB 5 entspricht.
2. Der Versicherte hat auch aus § 137c Abs. 1 SGB 5 keinen Anspruch, solange er die zur Verfügung stehenden Standardbehandlungen nicht ausgeschöpft hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Januar 2021 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Kostenerstattung für zwei in der Türkei durchgeführte Liposuktionsbehandlungen (Liposuktion Beine; Liposuktion Arme und Bauchstraffung/Fettschürzen-OP) in Höhe von insgesamt 13.591,44 Euro.
Die 1954 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin begehrte in der Vergangenheit die Versorgung mit Liposuktionen. Einen ersten Antrag auf Liposuktion lehnte die Beklagte im Juli 2016 ab. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Unter dem 18. Mai 2017 stellte die Klägerin einen erneuten Sachleistungsantrag auf Liposuktion der Beine mit anschließender Oberschenkelstraffung, dem sie u.a. beifügte: einen ärztlichen Bericht des Universitätsklinikums Göttingen (UKG), Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie vom 11. April 2017, eine fachärztliche gutachterliche Stellungnahme der Hanse-Klinik GmbH Lübeck (HK Lübeck) vom 15. Februar 2017, einen Befundbericht des Scin Center Cassel (SCC) vom 9. Februar 2017, Befundberichte des DRK-Krankenhauses Kassel vom 24. Juni 2016 und vom 10. März 2014 sowie schließlich einen Entlassungsbericht der vitos Orthopädischen Klinik Kassel, in der die Klägerin vom 8. bis 18. Januar 2014 im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie in stationärer Behandlung war. Der Klägerin wurde hierbei durchgehend das Vorliegen von Lipödemen bescheinigt, teils beschränkt auf die Beine, teils auch bezogen auf den Rumpf und/oder die Arme. Die HK Lübeck gab dabei ein Lipödem an den Beinen im Stadium II-III, das UKG demgegenüber im Stadium III an. Ein Lymphödem wurde nicht erwähnt oder sogar ausdrücklich verneint (HK Lübeck und UMG); eine Ausnahme hierzu bildet die Bescheinigung der SCC (gesichertes Lymphödem und gesicherte Lymphabflussstörung). Der Einsatz von Lymphdrainagen und Stützstrümpfen wird indes berichtet (DRK; HK Lübeck, jeweils unter Berufung auf Angaben der Klägerin) bzw. empfohlen (SCC). Seitens des DRK-Krankenhauses Kassel wird anamnestisch eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit beschrieben, außerdem eine therapieresistente Schwellung der Beine, zunehmend zum Abend hin und eine Schwere der Beine mit funktioneller Einschränkung im Alltag. Auch die HK Lübeck schildert eine ödembedingte Beschwerdesymptomatik mit ausgeprägtem Ruhe- und Berührungsschmerz und Schwere- und Spannungsgefühl in den unteren Extremitäten wie auch der Oberarme, teilweise mit Taubheitsgefühl und Kraftverlust verbunden, sowie damit einhergehend Schwellungen und Neigung zu Blutergüssen bei besonderer Ausprägung der Symptomatik zum Ende des Tages hin sowie im Sommer. Im Untersuchungszeitpunkt sei palpatorisch geringer Druckschmerz an den Oberschenkeln innen oben und außen angegeben worden, im Bereich des distalen inneren Oberschenkels, des Knies und gesamten Unterschenkels sei dieser jedoch stark ausgeprägt gewesen. Prätibial hätten deutlich dellbare Ödeme vorgelegen. Durchgängig angegeben wird zudem eine Adipositas (bei unterschiedlichen Werten; DRK: 157 cm/96 kg, BMI 38,9 kg/m²; UMG: 163 cm/92 kg, BMI 34,6 kg/m²; HK Lübeck: BMI 37,0 kg/m²), außerdem eine Kniegelenksoberflächenprothesen-Implantation links und Knieschmerzen rechts, eine rezidivierende depressive Störung (bei Dauermedikation in 2017 mit Tavor, Lisinopril, Mirtazapin, Metadura), außerdem Lumboglutealgien und Cervicobrachialgien, eine generalisierte Angststörung, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, arterielle Hypertonie, Psoriasis [Schuppenflechte], Stenokardien [Verengung koronarer Blutgefäße] mit Herzrasen, rezidivierende Gastritiden und zahlreiche zurückliegende Unterbauchoperationen. Die Indikation zur Liposuktion wurde durchgängig gestellt. Die HK Lübeck lehnte eine Operation im eigenen Haus ab unter Verweis darauf, dass angesichts der bestehenden Vorerkrankungen (nicht befriedigend eingestellte arterielle Hypertonie, ausgeprägte Varikosis [Krampfadern], Anämie [Blutarmut bzw. Blutfarbstoffmangel], Z.n. TVT [tiefe Venenthrombose] der unteren Extremitäten bds.) eine Operation „unter stationären Bedingungen und unter Ausnutzung anästhesiologischer Möglichkeiten“ angezeigt sei. Das UKG, in dem die Klägerin d...