Entscheidungsstichwort (Thema)
SGB II
Leitsatz (amtlich)
Ein vom Leistungsträger zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten erstelltes Konzept ist unschlüssig, wenn die hierfür verwendeten Daten nicht repräsentativ für den zu beurteilenden Wohnungsmarkt sind.
Die Repräsentativität der Daten ist nicht gegeben, wenn sie die Vermieterstruktur des Vergleichsraums nicht hinreichend wiedergeben. Die Stichprobenauswertung muss insbesondere die unterschiedlichen Vermietergruppen entsprechend ihres Anteils am Wohnungsmarkt enthalten oder eine entsprechende Gewichtung der vorhandenen Daten vornehmen.
Sofern im Rahmen der Datenauswertung eine Gewichtung vorgenommen wurde, muss diese im Konzept transparent und nachvollziehbar offen gelegt werden.
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich können unzutreffende Angaben des Grundsicherungsträgers zur Angemessenheit des Wohnraums einen Anspruch auf Übernahme zu hoher Kosten der Unterkunft auf Grund des § 22 Abs 1 S 3 SGB 2 begründen. Dies jedoch nur, wenn diese fehlerhaften Angaben zur Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen führen (vgl BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19).
2. Zum Nachweis hinreichender Kostensenkungsbemühungen durch den Leistungsberechtigten.
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. Januar 2016 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 15. November 2013 und 21. November 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2014 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 24. Oktober 2023 verurteilt, der Klägerin im Zeitraum 1. Januar bis 31. Mai 2014 Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 363,00 Euro bruttokalt zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen je zur Hälfte zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung höherer Kosten für die Unterkunft im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum Januar bis einschließlich Mai 2014 streitig.
Die 1951 geborene Klägerin stand im maßgeblichen Zeitraum bei dem Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie lebte nach der Trennung von ihrem Ehemann im Jahr 2011 alleine in einer 60,16 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung in A-Stadt, deren tatsächliche Kosten der Beklagte zunächst übernommen hatte. Für die Wohnung waren dabei im streitigen Zeitraum monatlich eine Grundmiete von 302,60 Euro, eine Vorauszahlung kalter Betriebskosten von 104,00 Euro sowie Heizkosten von 59,00 Euro zu zahlen. Vermieterin der Wohnung war die C. Wohnungsgesellschaft mbH Hessen.
Mit einem Schreiben vom 27. Mai 2013 wies der Beklagte die Klägerin sodann darauf hin, dass er die Bruttokaltmiete für die von der Klägerin bewohnte Wohnung für unangemessen hoch halte und deshalb längstens noch bis zum 30. November 2013 in tatsächlicher Höhe übernehmen werde. Als angemessen für eine Person sei in A-Stadt eine Bruttokaltmiete von 304,72 Euro anzusehen. Die Klägerin werde deshalb aufgefordert, ihre Unterkunftskosten auf das angemessene Maß zu senken. Hierfür komme insbesondere ein Umzug in eine günstigere Unterkunft in Betracht. Die Klägerin werde aufgefordert, bis spätestens 30. November 2013 Kostensenkungsmaßnahmen durchzuführen und diese in geeigneter Weise zu belegen. Für den Fall, dass die Klägerin keine Kostensenkungsmaßnahmen ergreife, werde ab dem 1. Dezember 2013 eine Absenkung der Unterkunftskosten auf den angemessenen Betrag in Höhe von derzeit 363,72 Euro (304,72 Euro zzgl. Heizkosten in Höhe von 59,00 Euro) erfolgen.
Mit einem Schreiben vom 6. November 2013 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie sich um die Wohnungssuche sehr bemüht habe, aber bisher nicht erfolgreich gewesen sei. Sie legte dem Schreiben einen Nachweis der Wohnbau A-Stadt GmbH vom 7. November 2013 bei, in welchem diese bestätigte, dass die Klägerin seit ca. Ende 2011 bei ihr wohnungssuchend gemeldet sei, man ihr aber aufgrund der angespannten Wohnungsmarktlage in A-Stadt bis heute nicht mit einem adäquaten Wohnungsangebot habe weiterhelfen können. Ebenso bestätigte die C. Wohnungsgesellschaft mbH Hessen in einem Schreiben vom 12. November 2013, dass die Klägerin seit ca. Ende 2011 wohnungssuchend gemeldet sei, man ihr aber bisher kein entsprechendes Wohnungsangebot habe machen können.
Mit Bescheid vom 15. November 2013 senkte der Beklagte sodann gegenüber der Klägerin die Kosten für Unterkunft und Heizung ab dem 1. Januar 2014 auf insgesamt 363,37 Euro (304,37 Euro zzgl. Heizkosten in Höhe von 59,00 Euro). Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass nach den Richtlinien des Landkreises A-Stadt für die Klägerin die angemessene Bruttokaltmiete 304,37 Euro betrage und die tatsächliche Bruttokaltmiete der Klägerin unangemessen hoch sei. Zudem sei die Wohnung unangemessen groß. Die...