Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhung der Teilrente bei Arbeitslosigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist die letzte mündliche Verhandlung, sofern mit der Klage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen erstrebt wird.

Das gilt auch für die Frage der Absehbarkeit einer unfallbedingten Arbeitseinkommenslosigkeit zur Begründung eines Anspruchs gemäß § 587 RVO.

 

Normenkette

RVO § 587; SGG § 54

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.10.1978; Aktenzeichen S-4/U - 73/78)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.02.1981; Aktenzeichen 2 RU 57/79)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Oktober 1978 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erhöhung der Teilrente auf die Vollrente (§ 587 Reichsversicherungsordnung – RVO –) für die Zeit vom 31. Mai 1976 bis zum 13. April 1978.

Der im Jahre 1949 geborene Kläger ist spanischer Staatsangehöriger und seit 1968 als Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Zuletzt arbeitete er als Hilfsarbeiter zusammen mit einem deutschen und drei spanischen Arbeitskollegen bei der Firma Betonwerk K. GmbH in D. Dort erlitt er bei einem Arbeitsunfall am 3. September 1975 eine Unterarmquetschung mit offenem Radiusbruch an der körpernahen Drittelgrenze. Die Beklagte stellte aufgrund der chirurgischen und nervenfachärztlichen Gutachten der Dres. S. und G. S. und S. sowie K. zunächst mit Bescheid vom 27. Oktober 1976 ab 31. Mai 1976 die vorläufige Verletztenrente und mit dem gem. § 96 SozialgerichtsgesetzSGG – zum Gegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – (S-4/U-353/76) gewordenen Bescheid vom 26. August 1977 die Dauerrente jeweils nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit – MdE – um 30 v.H. fest. Die Unfallfolgen am rechten Arm bezeichnete sie als knöchern fest verheilten Speichenbruch, geringe Kalksalzminderung im körpernahen Unterarmbereich, Teillähmung des Speichennerven, wobei die Beugung der Hand nach dem Handrücken zu bei gestreckten Langfingern nicht ausgeführt werden könne, endgradig eingeschränkte Unterarmdrehbeweglichkeit, geringe Bewegungseinschränkung der Langfinger und des Daumens, Minderung der groben Kraft und mässige Herabsetzung der Hohlhandbeschwielung.

Inzwischen hatte das Arbeitsamt O. den Kläger vom 7. bis zum 18. Februar 1977 in dem Berufsförderungszentrum Johann-Peters in W. – BFZ P. – einer Berufsfindungsmaßnahme unterziehen lassen. Dazu berichtete es am 2. Mai 1977, daß eine Umschulung zum Facharbeiter mangels ausreichender Befähigung und Deutschkenntnisse nicht in Betracht komme. Es werde eine Vermittlung in eine dauerhafte, behinderungsgerechte Arbeitsstelle angestrebt. Der Kläger sei bereit, sich betriebsintern einzuarbeiten bzw. zu qualifizieren. Auf die Berichte des BFZ P. vom 8. Februar sowie 22. und 31. März 1977 wird verwiesen. Nachdem das Arbeitsamt O. am 20. September und 29. Dezember 1977 berichtet hatte, daß es seine Vermittlungsbemühungen fortsetze, aber mit einer dauerhaften Eingliederung kaum zu rechnen sei, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 1978 die Erhöhung der Teilrente auf die Vollrente ab. Es sei zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt arbeitswillig sei. Nach dem Bericht des Dr. S. vom psychologischen Dienst des BFZ P. vom 22. März 1977 sei er nicht ernsthaft daran interessiert, eine Arbeitsstelle zu finden. Unabhängig hiervon sei infolge seiner schlechten Sprachkenntnisse nicht abzusehen, daß er einen Arbeitsplatz wieder erhalten könne. Die lange Arbeitslosigkeit seit dem 31. Mai 1976 spreche ebenfalls hierfür.

Gegen diesen am gleichen Tage abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem SG am 9. März 1978 (S-4/U-73/78) Klage erhoben.

Das SG hat zunächst die beiden Rechtsstreitigkeiten der Beteiligten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und ferner, die Auskünfte des Arbeitsamtes O. vom 5. Mai und 12. Juli 1978 sowie der Firma E.-Service-Center G. G. (D.) vom 13. Mai 1978 eingeholt. Danach ist der Kläger seit dem 14. April 1978 bei diesem Unternehmen als Wagenpfleger im Tankstellendienst tätig. Das Arbeitsamt O. teilte u.a. außerdem mit, daß sowohl die persönlichen Voraussetzungen als auch die Unfallfolgen einer früheren Vermittlung entgegengestanden hätten. Anhaltspunkte für eine mangelnde Arbeitswilligkeit seien dagegen nicht zu ersehen gewesen.

Sodann hat das SG am 25. Oktober 1978 die Klage gegen die Bescheide vom 27. Oktober 1976 und 26. August 1977 auf eine höhere Teilrente nach einer MdE um 50 v.H. abgewiesen und der Klage gegen den Bescheid vom 24. Februar 1978 auf Erhöhung der Teilrente auf die Vollrente unter Zulassung der Berufung insoweit stattgegeben. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, daß es sich den von der Beklagten eingeholten überzeugenden ärztlichen...

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