Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmied. Tankwart. Küster. tarifliche Einstufung. Verg. Gr. VII BAT-KF. wesentliche Änderung der Verhältnisse
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit als Tankwart (z.B. Autowaschen, Benzinzapfen) gehört zu den ungelernten Tätigkeiten einfachster Art, auf die ein Facharbeiter oder ein Arbeiter mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich nicht verwiesen werden kann.
2. Die Tätigkeit als Küster im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland setzt als Arbeit für eine Religionsgemeinschaft konfessionelle Gebundenheit voraus. Sie steht daher dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in nennenswertem Umfange zur Verfügung.
3. Ein Facharbeiter (hier: gelernter Schmied) der objektiv zumutbar die Tätigkeit eines Küsters einer evangelischen Kirchengemeinde ausübt und bei der Einstellung nach Verg. Gr. VII (Fallgruppe 7; „Küster mit schwierigem oder umfangreichem Arbeitsbereich”) des Bundesangestelltentarifvertrages in kirchlicher Fassung – hier: Evangelische Kirche im Rheinland – eingruppiert wurde, ist auch subjektiv zumutbar auf diese Tätigkeit zu verweisen, und daher weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Normenkette
RVO §§ 1246, 1286, 1243 a.F.; SGB X §§ 45, 48
Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 14.03.1988; Aktenzeichen S - 11/J - 467/86) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. März 1988 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Entziehung einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit zu Recht erfolgte.
Der 1938 geborene Kläger erlernte von 1953 bis 1956 im väterlichen Betrieb das Schmiedehandwerk und war nach dem Abschluß der Lehre weiterhin in der Schmiede des Vaters tätig, der eine Tankstelle angeschlossen war. 1968 wurde dem Kläger das linke Auge aufgrund einer angeborenen starken Sehschwäche bei Pseudogliom entfernt. Vor der Entfernung hatte der Kläger an häufigen Augenentzündungen gelitten, die auch das rechte Auge bedrohten. An diesem besteht ein Nystagmus.
Die Beklagte gewährte dem Kläger durch Bescheid vom 25. Januar 1971 ab 1. Februar 1969 Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit. Mit Bescheid selben Datums versagte sie die zuerkannte Rente für die Zeit vom 1. März 1971 bis 28. Februar 1972 mit der Begründung, der Kläger habe sich ohne triftigen Grund einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme nicht unterzogen. Mit Bescheid vom 26. April 1972 schließlich entzog die Beklagte die Rente mit Wirkung ab 1. Juni 1972 auf Dauer, da der Kläger noch vollschichtig als Tankwart tätig sei und auf diese Arbeit verwiesen werden könne. Dieser Bescheid wurde durch Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 5. November 1973 aufgehoben. Die gegen die Versagung gerichtete Klage blieb dagegen ohne Erfolg. Aufgrund dieses Urteils gewährte die Beklagte ab 1. Juni 1972 die Rente weiter (S-11/J-1114/72 und S-11/J-169/72, Sozialgericht Gießen).
Nach der Entfernung des linken Auges arbeitete der Kläger als Tankwart und im Fahrradhandel des elterlichen Betriebes. Schmiede-, Schlosser- und Schweißarbeiten führte er dagegen nicht, mehr aus. Diese Arbeiten hielt Obermedizinalrätin Cr. H., Sozialärztliche Dienststelle …, in ihrem Gutachten VO.T. 14. April 1969, auf dem die Rentengewährung beruhte, für nicht mehr zumutbar.
Am 25. September 1979 teilte der Kläger der Beklagten auf Anfrage mit, er sei seit 1. September 1979 nicht mehr im elterlichen Betrieb, sondern als Küster der Heilig-Geist-Kirche in W. tätig. Diese Tätigkeit wurde zur damaligen Zeit nach Vergütungsgruppe VII des BAT-KF vergütet.
Mit Schreiben vom 15. Juli 1985 führte die Beklagte die Anhörung durch und kündigte an, die Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit für die Zukunft zu entziehen, da der Kläger als Küster tätig sei und mehr als geringfügige Einkünfte erziele. Hierin bestehe eine wesentliche Änderung der Verhältnisse.
Der Kläger widersprach dem Rentenentzug, da er nur aus sozialen Gründen beschäftigt werde, seine Frau ihm bei der Arbeit helfe, er sich die Arbeitszeit frei einteilen und eine Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber nicht mehr ausüben könne.
Mit Bescheid vom 20. August 1985 hob die Beklagte den Bescheid vom 25. Januar 1971 auf und entzog die Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Ablauf des Monats September 1985.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 18. September 1985 Widerspruch ein und brachte vor, er sei entrüstet darüber, daß die Beklagte nun plötzlich die Rente entziehen wolle, obwohl ihr seit 1979 bekannt sei, daß er hauptamtlich als Küster arbeite. Er habe die Rente immer als einen Ausgleich zu seinem jetzigen, weitaus geringeren Verdienst gesehen und habe einen Teil von ihr in einer Lebensversicherung mit Anpassung an den laufenden Index angelegt. Diese Versicherung könne er bei Wegfall der Rente nicht mehr unterhalten. Mit der Tankstelle und dem Verkauf von Fahrrädern und motorisierten Zweirädern sowie deren Reparatur hätte er höhere Einkünfte erzielt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. ...