Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Geltendmachung von Säumniszuschlägen nach Konkurseröffnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Säumniszuschläge auf Beitragsforderungen können auch für Zeiten nach der Eröffnung des Konkursverfahrens geltend gemacht werden (Anschluss an BSG vom 17.5.2001 - B 12 KR 32/00 R - BSGE 88, 146 = SozR 3-2400 § 24 Nr 4).

2. Die Beschränkung der Erhebung von Säumniszuschlägen im Steuerrecht gilt für das Sozialversicherungsrecht nicht.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Festsetzung von Säumniszuschlägen in Höhe von 4.731,00 DM für die Zeit vom 16. Mai 1996 bis 16. September 1999 sowie monatlich 1 % der rückständigen Beiträge in Höhe von 115,00 DM bis zum Ausgleich der Zuschläge im Streit.

Der ... 1947 geborene Kläger betrieb als Einzelinhaber die Firma J H M in M, T. Über das Vermögen der Firma wurde am 19. April 1996 das Konkursverfahren vor dem Amtsgericht Kirchhain zum Aktenzeichen 5 N 7/96 eröffnet. Unter dem 9. Juli 1996 erstattete die Bundesanstalt für Arbeit die noch offenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge für sieben Arbeitnehmer in Höhe von insgesamt 11.568,30 DM nebst Säumniszuschlägen für den Zeitraum vom 1. März bis 18. April 1996. Die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge meldete die Beklagte mit Schreiben vom 2. Juli 1997 nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 e Konkursordnung (KO) zur Tabelle an.

Mit Schreiben vom 24. Juni 1996 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er für Beiträge und Beitragszuschüsse, die nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wurden, für jeden angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag von 1 % vom Hundert des rückständigen Beitrages zu entrichten habe. Die Säumniszuschläge würden ab dem 15. Mai 1996 115,00 DM monatlich betragen. Sollte der Kläger nicht in der Lage sein, die jeweils fälligen Säumniszuschläge zu zahlen, erkläre man sich unter der Voraussetzung des Verzichts der Einrede der Verjährung bereit, die Forderung zunächst zurückzustellen.

Mit Bescheid vom 14. Oktober 1999 machte die Beklagte für die Zeit vom 16. Mai 1996 bis 16. September 1999 Säumniszuschläge in Höhe von 4.731,00 DM geltend. Dieser Betrag erhöhe sich bis zum Ausgleich der zum Konkursverfahren angemeldeten Beitragsforderungen um monatlich 1 % der rückständigen Beiträge, derzeit um 115,00 DM.

Hiergegen richtete sich der mit Schreiben vom 8. November 1999 erhobene Widerspruch zu dessen Begründung der Kläger ausführte, der von ihm angefochtene Bescheid lasse die erforderliche Ermessensentscheidung nicht erkennen. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen sei rechtsmissbräuchlich, weil sie ihren Erzwingungszweck nicht erfüllen könne. Vor und während des Konkursverfahrens entstandene Säumniszuschläge seien Masseschulden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, der Kläger schulde Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 11.568,30 DM; dieser Betrag sei als Konkursausfallgeld geltend gemacht und nebst aufgelaufener Säumniszuschläge von der Bundesanstalt für Arbeit erstattet worden. Die Gesamtsumme sei als Vorrechtsforderung zur Tabelle angemeldet und festgestellt. Die Säumniszuschläge seien zu Recht in der genannten Höhe festgestellt worden. Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt habe, seien nach Maßgabe von § 24 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der seit dem 01.01.1995 geltenden Fassung für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen, auf 100,00 DM nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Die Erhebung dieser Säumniszuschläge schreibe das Gesetz nunmehr zwingend vor. Dies gelte auch für den Fall des Konkurses. Rechtlich handele es sich bei den Säumniszuschlägen um Beiträge. Die rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge, nach denen diese Säumniszuschläge berechnet wurden, seien ursprünglich Masseschulden, die infolge ihrer antragsgemäßen Entrichtung durch die Bundesanstalt für Arbeit ihre Qualität als Masseschulden verlieren und als Vorrechtsforderungen zu berichtigen seien. Als Konkursforderung seien die bis zur Konkurseröffnung aufgelaufenen Säumniszuschläge zusammen mit den erstatteten Gesamtsozialversicherungsbeiträgen als Vorrechtsforderungen zur Tabelle anzumelden. Nicht anmeldefähig seien dagegen die seit Konkurseröffnung weiter fällig werdenden Säumniszuschläge. Unbeschadet der antragsgemäßen Entrichtung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge durch die Bundesanstalt für Arbeit bleibe der Anspruch gegen den Arbeitgeber bestehen und sei von der Krankenkasse als Einzugsstelle weiter zu verfolgen. Somit seien auch Säumniszuschläge zu erheben.

Am 5. Juni 2000 hat der Kläger gegen den zurückweisenden Widerspruch vor dem Sozialgericht Marburg Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Durch Urteil vom 16. Januar 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiese...

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