Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbringung von belegärztlichen Leistungen durch Medizinische Versorgungszentren. Länge des regelmäßigen Fahrweges zwischen Wohnung und Praxis bzw Krankenhaus

 

Orientierungssatz

1. Medizinische Versorgungszentren können grundsätzlich auch belegärztliche Leistungen erbringen und zwar insbesondere durch angestellte Ärzte, die insoweit für das Medizinische Versorgungszentrum ebenso wie im Bereich der ambulanten Behandlung tätig werden. Inhaber der Belegarztanerkennung ist in diesem Falle das Medizinische Versorgungszentrum selbst, wobei aber zur Beurteilung der persönlichen Geeignetheit die Anerkennung auf einen oder mehrere angestellte Ärzte zu beziehen ist, die für das Medizinische Versorgungszentrum belegärztlich tätig werden sollen.

2. Es liegt kein Verstoß gegen die belegärztliche Versorgung vor, wenn einzelne angestellte Ärzte eines Medizinischen Versorgungszentrums, auf die sich die Belegarztanerkennung bezieht, möglicherweise im Rahmen der internen Arbeitsteilung im Medizinischen Versorgungszentrum überwiegend stationäre Behandlungen ausüben. Hierdurch ändert sich nicht der Charakter des Medizinischen Versorgungszentrums als eigentlicher Inhaber der Belegarztanerkennung, der weiterhin überwiegend an der Sicherstellung der ambulanten Versorgung der Versicherten teilnimmt.

3. Regelmäßige Fahrwege "von ca. 30 Minuten" zwischen Wohnung und Praxis bzw Krankenhaus sind unschädlich. Dabei entzieht es sich einer generellen Beurteilung, ob im Einzelfall auch längere Zeiträume unschädlich sein können (vgl BSG vom 5.11.2003 - B 6 KA 2/03 R = SozR 4-5520 § 24 Nr 1).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. Januar 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2006 aufgehoben hat.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Beklagte verurteilt, die Belegarztanerkennung der Klägerin für den angestellten Arzt Dr. C. für die A. Diakonie-Kliniken, Abteilung Innere Medizin/Kardiologie, zu erteilen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Belegarztanerkennung der Klägerin für ihren angestellten Arzt Dr. C..

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebenes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit Sitz in A-Stadt.

Der 1965 geborene Dr. C., wohnhaft in D-Stadt, D-Straße, ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Teilgebiet Kardiologie und war bei der Klägerin zunächst als Arzt in Teilzeit angestellt. Seit 1. Juli 2005 ist er in Vollzeit als Arzt bei der Klägerin angestellt (Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 26. April 2005 und vom 28. Juni 2005).

Die Mitglieder der Trägergesellschaft der Klägerin sind teilweise selbst als Belegärzte tätig.

Am 19. Juli 2006 beantragte Dr. C. bei der Beklagten die Anerkennung als Belegarzt für die A. Diakonie-Kliniken (ADK), Abteilung Innere Medizin - Kardiologie mit den Betriebsstätten E-Krankenhaus (A-Stadt, A-Straße) und F-Krankenhaus (A-Stadt, G-Straße). Hierzu legte er einen Belegarztvertrag vom 17. Juli 2006 zwischen ihm und den ADK sowie eine Bescheinigung der ADK vom 28. Juni 2006 vor, wonach 70 Belegbetten in der Abteilung Innere Medizin - Kardiologie (beide Betriebsstätten) der ADK für Dr. C. und die namentlich genannten weiteren Belegärzte der Klägerin zur Verfügung stünden.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Dr. C. ab, weil er als angestellter Arzt eines MVZ kein Vertragsarzt im Sinne des § 121 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) sei.

In dem sich anschließenden Widerspruchsverfahren schlossen sich die hessischen Krankenkassenverbände der Auffassung der Beklagten an, die den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2006 zurückwies.

Gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 13. Dezember 2006 zugestellten Widerspruchsbescheid hat Dr. C. am 28. Dezember 2006 beim Sozialgericht Marburg Klage mit dem Ziel seiner Anerkennung als Belegarzt durch die Beklagte erhoben.

Auf Anregung des Sozialgerichts ist anstelle von Dr. C. das MVZ im Wege der Klageänderung als Klägerin in den Prozess eingetreten mit dem Ziel, ihr die Belegarztanerkennung für den angestellten Arzt Dr. C. zu erteilen. Die Beklagte hat der Klageänderung ausdrücklich zugestimmt. Die neue Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht einen neuen Rahmen-Belegarztvertrag zwischen den ADK und dem MVZ vom 28. Januar 2008 vorgelegt, der sich auf die angestellten Ärzte der Klägerin Dr. C.. und Dr. H. und deren belegärztliche Tätigkeit für die Klägerin in der Abteilung Innere Medizin - Kardiologie bei den ADK an beiden Betriebsstätten (E-Krankenhaus und F-Krankenhaus) bezieht. Die Klägerin hat ihren Klageantrag in der mündlichen Verhandlung auf die Erteilung einer Belegarztaner...

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