Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenberechnung. Übersiedler aus der ehemaligen DDR. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit die Regelungen des SGB 6 (§§ 256a, 259a) dazu führen, dass seit dem 1. Januar 1992 für Flüchtlinge aus der DDR, die ab 1937 geboren sind, keine Entgeltpunkte nach den Anlagen 1 bis 16 nach dem FRG ermittelt werden, verstößt dies nicht gegen das GG.
2. Anwartschaften nach dem FRG genießen auch für Zeiten im Beitrittsgebiet keinen Eigentumsschutz nach Art 14 Abs 1 S 1 GG.
3. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums auch die rentenrechtliche Gesamtrechtsposition aus FRG-Zeiten und im Bundesgebiet erworbenen Rentenanwartschaften zu Lasten der nach dem FRG Berechtigten zum Zwecke der Vereinheitlichung der Sozialversicherungssysteme verändern, ohne hierdurch den Vertrauensschutz der nach dem FRG berechtigt gewesenen Übersiedler zu verletzen.
4. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet keine über §§ 11 ff BerRehaG hinausgehende Besserstellung der DDR-Flüchtlinge gegenüber dem im Beitrittsgebiet verbliebenen Personenkreis.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung einer höheren Altersrente, wobei der Kläger die Bewertung der in der ehemaligen DDR zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) und die Berücksichtigung eines höheren Nachteilsausgleichs in der Rentenversicherung nach § 13 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) anstrebt.
Der 1947 geborene Kläger ist Inhaber eines Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge “C„ und wurde mit Bescheid des Freistaates Thüringen vom 6. Juli 2005 als Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 BerRehaG mit einer Verfolgungszeit vom 25. November 1986 bis 25. Mai 1989 anerkannt.
In der ehemaligen DDR befand er sich vom 24. August 1963 bis 25. Juli 1969 in Ausbildung und war danach ab September 1969, mit einer Unterbrechung von November 1970 bis April 1972 wegen Wehrdienstes, als Ingenieur und schließlich als Niederlassungs- und Betriebsleiter bis November 1986 beschäftigt. Wegen seines Ausreiseantrags wurde er ab 27. November 1986 von der Tätigkeit als Betriebsleiter beurlaubt und war danach bis zu seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 25. Mai 1989 in der DDR nur noch mit Hilfsarbeitertätigkeiten beschäftigt. Er war kein Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) und gehörte auch keinem Zusatz- und Sonderversorgungssystem im Sinne des § 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) - auch nicht dem der technischen Intelligenz - an bzw. hatte keine Versorgungszusage erhalten. In der Bundesrepublik Deutschland war der Kläger vom 4. September 1989 bis zum 31. Dezember 2009 rentenversicherungspflichtig beschäftigt.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. Januar 1991 hatte die Beklagte die rentenrechtlichen Zeiten bis zum 31. Dezember 1984 ohne Entscheidung über eine Zuordnung zum FRG festgestellt. Mit dem in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2004 bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 23. September 2003 hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG abgelehnt, weil der Kläger in der ehemaligen DDR nicht in ein Versorgungssystem einbezogen war.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 stellte die Beklagte gemäß § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) die vom Kläger bis zum 31. Dezember 1998 zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten fest, wobei sie die Zeiten im Beitrittsgebiet mit "SVA" kennzeichnete.
Mit weiterem Bescheid vom 24. Oktober 2005 führte die Beklagte für die Verfolgungszeiten vom 27. November 1986 bis 25. Mai 1989 eine Vergleichsberechnung nach § 13 Abs. 1 und 1a BerRehaG durch, die zu keinem höheren Rentenbetrag führte als die ansonsten zugrunde zu legenden Pflichtbeitragszeiten gemäß § 11 BerRehaG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 S. 1 BerRehaG. Hierbei wies die Beklagte auf die Unverbindlichkeit der vorläufigen Berechnungen hin.
Die gegen beide Bescheide eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2006 zurück.
Die dagegen am 25. August 2006 beim Sozialgericht in Fulda erhobene und zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Gießen verwiesene Klage auf Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem FRG und rentensteigernde Berücksichtigung eines Nachteilsausgleichs nach dem BerRehaG hat das Sozialgericht Gießen mit Urteil vom 18. September 2009 hinsichtlich des angestrebten Nachteilsausgleichs nach dem BerRehaG als unzulässig und di...