Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.06.1994; Aktenzeichen S-15/Ar-743/93)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.09.1998; Aktenzeichen B 7 AL 36/98 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juni 1994 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Verkürzung einer Sperrfrist gemäß § 18 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) im Streit.

Der Kläger ist Konkursverwalter der Bekleidungswerke W. GmbH in … Am 14. September 1992 trat bei der seit 1954 bestehenden Firma Zahlungsunfähigkeit ein mit der Folge der Konkursantragstellung mit sofortiger Sequestrationsanordnung. Das Konkursverfahren wurde durch das Amtsgericht Langen am 30. September 1992 eröffnet, und der Kläger wurde zum Konkursverwalter bestellt.

Mit Datum vom 22. September 1992 ging bei der Beklagten am 23. September 1992 eine Anzeige von Entlassungen gemäß § 17 des KSchG für insgesamt 21 Arbeitnehmer ein. In dem Antrag wurde eine Abkürzung der Entlassungssperre gemäß § 18 Abs. 1 KSchG beantragt mit der Begründung, daß die Kündigungen zum frühest möglichen Zeitpunkt vorzunehmen seien, damit die Konkursabwicklung überhaupt ermöglicht werde. Eine Fortführung des Geschäftsbetriebes sei nicht möglich.

Die Beklagte bestätigte diesen Antrag und stellte in Aussicht, daß der Ausschluß für anzeigepflichtige Entlassungen beim Landesarbeitsamt Hessen in Frankfurt am Main demnächst über den Antrag auf Verkürzung der gesetzlichen Sperrfrist entscheiden und gleichzeitig prüfen werde, ob die Frist gegebenenfalls nach § 18 Abs. 2 KSchG bis auf längstens zwei Monate zu verlängern sei. Gemäß § 18 Abs. 1 KSchG würden die Entlassungen ohne Zustimmung des Ausschusses erst am 24. Oktober 1992 rechtswirksam.

Mit Bescheid des Ausschusses für anzeigepflichtige Entlassungen beim Landesarbeitsamt Hessen vom 9. November 1992 wurde der Antrag auf Verkürzung der gesetzlichen Sperrfrist (24. September 1992 bis 23. Oktober 1992) zurückgewiesen; die angezeigte Entlassung von 21 Arbeitnehmern zum 14. Oktober 1992 sei innerhalb dieser Frist nicht zulässig. Hierbei ging der Ausschuß davon aus, daß die Einhaltung der Sperrfrist den im KSchG vorgesehenen Normalfall darstelle, von dem nur in besonders begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden könne. Dieser Ausnahmefall liege nicht vor. Die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens allein stelle keinen Anspruch auf Verkürzung der Sperrfrist her. Zur Ablehnung des Antrages führe insbesondere die Feststellung, daß die angezeigten Entlassungen den regionalen Arbeitsmarkt belasten würden. Bei Gegenüberstellung der Zahl der Arbeitslosmeldungen mit der Zahl der im Sperrfristzeitraum durchgeführten Vermittlungen werde deutlich, daß das Arbeitsamt für seine Bemühungen bei einem Teil der betroffenen Arbeitnehmer zumindest die gesetzliche Sperrfrist von einem Monat benötige. Der Ausschuß erhebe jedoch keine Einwände dagegen, daß die angezeigten Entlassungen innerhalb eines Monats nach Ablauf der an die gesetzliche Sperrfrist anschließende Freifrist, nämlich vom 24. Oktober 1992 bis 23. November 1992, durchgeführt würden. Hierbei habe der Ausschuß von der in die Freifrist fallenden Entlassung von sieben Arbeitnehmern zum Ablauf des 31. Oktober 1992 Kenntnis genommen. Die Entlassung von weiteren fünf Arbeitnehmern zum 30. November 1992 sei im Rahmen der Bestimmungsgrößen des § 17 Abs. 1 KSchG nicht anzeigepflichtig.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger als Konkursverwalter der Firma W. GmbH Widerspruch ein, den er wie folgt begründete: Er sah den von der Beklagten zitierten Ausnahmefall insbesondere darin begründet, daß längstens bis zum 30. September 1992 eine Entscheidung über den Konkursantrag hätte herbeigeführt werden müssen, da zu diesem Zeitpunkt die Dreimonatsfrist für das Konkursausfallgeld abgelaufen wäre. Etwa 75 Mitarbeiter im Zweigwerk … hätten bereits seit Juli 1992 keinen Lohn mehr erhalten. Infolge der schlechten Ergebnisse auf den Modemessen habe die Gemeinschuldnerin Auftragseinbrüche bis zu 50 % hinnehmen müssen. Daraus ergebe sich zwangsläufig, daß eine Weiterführung des Geschäftsbetriebes nach Konkurseröffnung nicht mehr möglich gewesen sei. Im Rahmen der erstellten Masserechnung seien sämtliche Kündigungszeiten der teilweise Jahrzehnte im Betrieb tätigen Mitarbeiter in einer Größenordnung von DM 2,3 Mio eingestellt worden. Unter Berücksichtigung der sonstigen nach Konkurseröffnung noch weiterlaufenden Masseverbindlichkeiten hätten sich Masseschulden in Höhe von ca. DM 2,5 Mio ergeben. Dem ständen Aktiva in Höhe von DM 5,5 Mio gegenüber. Hieraus errechne sich ein vorläufiger Masseüberschuß von ca. DM 2 Mio. dem jedoch noch Ansprüche aus-/absonderungsberechtigter Gläubiger von ca. DM 2 Mio gegenüberständen. Bei Zugrundelegung dieser Situation würden sich die Masseverbindlichkeiten aus den Kündigungszeiten um mindestens DM 500.000,– erhöhen, was nach der derzeit...

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