Entscheidungsstichwort (Thema)

freiwillige Mitgliedschaft. Beendigung. Beitragsrückstand. Nachfrist. Angemessenheit. Freiwillige Versicherung. Ende der Mitgliedschaft. Sozialhilfeträger. Zahltag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die für ein Ende der Mitgliedschaft gemäß § 191 S. 1 Nr. 3 SGB V notwendige Nachfrist muss zeitlich so bemessen sein, dass der Beitragsschuldner die Möglichkeit hat, den Beitragsrückstand zu begleichen oder ggf. den Sozialhilfeträger einzuschalten. Dies erfordert eine Nachfrist von wenigstens zwei Wochen.

2. Hat die Krankenkasse die Nachfrist zeitlich zu knapp bemessen, wird eine angemessene Frist in Lauf gesetzt. Die Mitgliedschaft endet in diesem Fall mit Ablauf des darauf folgenden nächsten Zahltags.

 

Normenkette

SGB V § 191 S. 1 Nr. 3, S. 2; SGB XI § 20 Abs. 3, § 49 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

SG Gießen (Aktenzeichen S 21 KR 588/04)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung seiner freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten.

Durch Einstellung der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit verlor der Kläger Anfang des Jahres 2004 seinen gesetzlichen Krankenversicherungsschutz. Die Beklagte machte den Kläger in der Folgezeit mehrfach darauf aufmerksam (zuletzt mit Schreiben vom 17. März 2004), dass die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung für ihn bestehe, diese indes in der Frist bis zum 31. März 2004 beantragt werden müsse.

Mit Schreiben vom 31. März 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die „beitragsfreie” Weiterversicherung.

Mit Bescheid vom 1. April 2004 stellte die Beklagte die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers fest. Er wurde rückwirkend zum 1. Januar 2004 in die Versicherungsklasse F12 0 (ohne Krankengeldanspruch) eingestuft. Unter Zugrundelegung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze gemäß § 240 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V stellte die Beklagte einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 111,10 EUR und einen monatlichen Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 13,68 EUR fest. Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Beitragsfreiheit nur bei dem Bezug von Kranken- oder Mutterschaftsgeld sowie bei Bezug von Erziehungsgeld bestehe. Die Tatsache, dass der Kläger keine Leistungen vom Arbeitsamt erhalte, begründe keine Beitragsfreiheit. Zudem enthielt das Schreiben den Hinweis, dass der Kläger sich mit dem zuständigen Sozialamt in Verbindung setzen solle, sofern er die festgesetzten Beiträge nicht bezahlen könne.

Mit Schreiben vom 27. April 2004 wies die Beklagte den Kläger auf den Beitragsrückstand zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2004 hin und forderte ihn zur Beitragszahlung von monatlich 124,78 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahngebühren und einem fälligen Gesamtbetrag von 381,19 EUR auf.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2004, dem Kläger zugestellt am 8. Mai 2004, wies die Beklagte den Kläger darauf hin, es bestehe ein Beitragsrückstand von zwei Monaten. Die Mitgliedschaft freiwillig Versicherter ende Kraft Gesetzes gemäß § 191 S. 1 Nr. 3 SGB V, wenn trotz des Hinweises auf die Folgen die fälligen Beiträge für zwei Monate nicht entrichtet würden. Nach Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten sei eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung – also auch bei einer anderen Krankenkasse – nicht mehr möglich. Dem Kläger wurde eine letzte Zahlungsfrist bis zum 15. Mai 2005 eingeräumt mit dem Hinweis, bei Nichteinhaltung ende die Mitgliedschaft am gleichen Tag. Das Schreiben der Beklagten enthielt zudem den Hinweis, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen durch den Sozialhilfeträger möglich sei.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2004, eingegangen bei der Beklagten am 17. Mai 2004, erhob der Kläger Widerspruch gegen die Einstufungsbescheide und das Schreiben vom 7. Mai 2004. Der Beitragseinstufung würden Einnahmen zugrunde gelegt, die er nicht habe, die Einstufung stelle ihm gegenüber eine unzumutbare Härte dar. Er beantrage nochmals, ihn in der Kranken- und der Pflegeversicherung beitragsfrei zu stellen.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2004 stellte die Beklagte das Ende der Mitgliedschaft des Klägers wegen Beitragsrückstandes fest. Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte sie dem Kläger mit, dass die Einstufung gemäß § 240 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit § 14 a Abs. 1 der Satzung zutreffend vorgenommen worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Feststellung der Beendigung der Mitgliedschaft zurück.

Der Kläger hat am 13. Dezember 2004 beim Sozialgericht Gießen Klage gegen die „Kündigung” seiner Mitgliedschaft erhoben.

Mit Gerichtsbescheid vom 13. September 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht die Beendigung der Mitgliedschaft zum 15. Mai 2004 festgestellt. Das Schreiben der Beklagten, in dem diese den Kläger auf den Beitragsrückstand, das E...

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