Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Verletztenrente. landwirtschaftlicher Unternehmer. Mindest-MdE von 30 vH. Verfassungsmäßigkeit. kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG. Zwangsversicherung für landwirtschaftliche Unternehmer. genossenschaftlich aufgebaute Eigenhilfe
Leitsatz (amtlich)
§ 80 a Abs 1 SGB VII verstößt nicht gegen Artikel 3 Abs 1 GG, soweit die Vorschrift Rente für den nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII versicherten Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens erst bei einer Mindest-MdE von 30 vH vorsieht.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 15. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1970 geborene Klägerin begehrt von der Beklagten die Anerkennung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung einer Rente. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Die Klägerin wurde am 1. März 2008 gegen 10:40 Uhr im Rahmen ihrer Tätigkeit als selbstständige Pferdewirtin beim Verladen eines Pferdes von diesem getreten und am Kopf- sowie Brustbereich getroffen. Sie verlor das Bewusstsein und konnte sich an den Vorgang und die Ereignisse danach nicht erinnern. In dem D-Arztbericht vom 3. März 2008 werden als Erstdiagnosen ein Schädelhirntrauma I. Grades, eine große Riss-/Quetschwunde occipital, eine dislozierte NC-V-Köpfchenfraktur rechts, eine Thoraxprellung sowie eine Alveolarfortsatzfraktur 11-24 genannt. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19. Dezember 2008 Verletztengeld vom 1. März 2008 bis zum 20. Juni 2008 sowie die zur Behandlung der Verletzungsfolgen notwendige Heilbehandlung. Die Klägerin gab im Jahr 2010 ihren Betrieb auf. Sie ist seitdem nicht mehr erwerbstätig gewesen.
Am 11. Mai 2010 stellte die Klägerin einen Rentenantrag bei der Beklagten und gab an, dass sie bei körperlicher Anstrengung Kopfschmerzen und Schwindelgefühle bekomme. Sie sei vergesslich geworden und könne sich nicht mehr konzentrieren. Sie könne ihre Arbeit mit den Pferden und Reitschülern nicht mehr ausüben. Die Klägerin gab weiter an, dass sie keine Schmerzmittel einnehme, sondern bei ihrem Hausarzt seit 05/2008 eine Neuraltherapie absolviere. Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte bei sowie die Ergebnisse einer Computertomographie (CT) vom 8. Mai 2008 und einer Magnetresonanztomographie (MRT) vom 24. November 2010, welche im Bereich des Schädels einen altersentsprechenden unauffälligen Befund zeigten. Die Beklagte ließ sodann ein nervenärztliches Gutachten der Ärzte Dr. Dr. D. und Dr. E. vom 12. Januar 2011 mit einem neuropsychologischen Zusatzgutachten der Diplom-Psychologin F. vom 13. Dezember 2010 und einem klinisch-psychologischen Zusatzgutachten der Diplom-Psychologin G. vom 13. November 2010 erstatten. Die Diplom-Psychologin F. stellte dabei gewisse Verdeutlichungstendenzen der Klägerin bezüglich der geringen Belastbarkeit und herabgesetzten Konzentrationsleistungen fest. Ein begründeter Simulationsverdacht bestünde nicht, die Äußerungen der Klägerin hätten aber teilweise im Widerspruch zur Verhaltensbeobachtung gestanden. Eine Einschränkung der visuellen Verarbeitung habe nicht nachgewiesen werden können. Der Nachweis einer exekutiven Störung gelinge eindeutig. Es hätten sich deutliche Schwierigkeiten bei einer komplexen Aufgabenstellung sowie Defizite in den korrespondierenden Aufmerksamkeitsbereichen gezeigt, so dass eine exekutive Dysfunktion nicht auszuschließen sei. Die Auffälligkeiten in der Aufmerksamkeitsprüfung ließen sich am ehesten dadurch erklären, dass die Klägerin entsprechend ihrer eigenen Erwartungen, begründet durch die subjektiv wahrgenommene erheblich herabgesetzte Konzentrationsfähigkeit und psychophysische Belastbarkeit in ihrem Alltag, deutlich verlangsamt reagiert habe. Die Diplom-Psychologin G. beschrieb bei der Klägerin eine somatoforme Störung. Die Ärzte Dr. E. und Dr. Dr. D. bewerteten die somatoforme Störung der Klägerin als nicht unfallbedingt. Sie sei auf die äußeren Lebensumstände der Klägerin mit einer hohen Leistungsorientiertheit zurückzuführen. Die bis jetzt anhaltende hausärztliche Behandlung sei nicht durch das vollständig ausgeheilte Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades im Sinne einer Gehirnerschütterung bedingt. Nach der MRT-Diagnostik sei ein höhergradiges Schädelhirntrauma auszuschließen. Eine Kostenübernahme der Neuraltherapie könne nicht empfohlen werden. Ein Einfluss durch einen möglichen sekundären Krankheitsgewinn bei der Klägerin könne nicht ausgeschlossen werden.
Weiterhin ermittelte die Beklagte durch Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. Dr. H. und Dr. Dr. J. vom 13. April 2011 mit einem HNO-fachärztlichen Zusatzgutachten der Ärzte Dr. K. und Dr. L. vom 24. Juni 2011. Die Zahnärzte stellten bei der Klägerin als Unfallfolgen eine craniomandibuläre Dysfunktio...