Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Beendigung. objektive Umstände. Abgrenzungskriterium. betrieblicher Zweck. Pflege der Verbundenheit. privater Zweck
Orientierungssatz
Der Unfallversicherungsschutz während einer betrieblichen Weihnachtsfeier dauert nach objektiven Kriterien nicht mehr fort, wenn zwar ein offizielles Ende nicht bestimmt war, aber bis auf den Abteilungsleiter und einen Angestellten alle Teilnehmer gegangen waren.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. Januar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung eines Treppensturzes als Arbeitsunfall.
Der mittlerweile 67jährige Kläger war als Verwaltungsangestellter bei der Stadt A-Stadt mit der Verwaltung der Bürgerhäuser betraut, hatte insbesondere deren Vermietung und Verpachtung sowie die anschließende Abrechnung zu betreuen. Seine Abteilung war dem Amt für Kultur und Sport zugeordnet und sein Büro befand sich im Bürobereich des Bürgerhauses in A-Stadt. Das Amt für Kultur und Sport veranstaltete am Freitag, dem 22. November 1996, eine Weihnachts- bzw. Jahresabschlussfeier in einem Nebenraum der Bürgerhausgaststätte, an der von ca. 45 bis 47 Mitarbeitern des Amtes etwa 25 teilnahmen, darunter der Amtsleiter F. und sein Stellvertreter Z. Die Feier begann gegen 19.00 Uhr mit einer kurzen Begrüßungsansprache des Amtsleiters. Anschließend wurde von der Karte gegessen, wozu ein Zuschuss von DM 10,00 pro Teilnehmer aus von der Stadt finanzierten Personalratsmitteln geleistet wurde. Weitere Programmpunkte gab es nicht, ein geselliges Beisammensein schloss sich an. Die Mitarbeiter verließen nach 23.00 Uhr bzw. ab ca. 24.00 Uhr nach und nach die Feier, so dass zwischen 1.00 Uhr und 1.30 Uhr außer dem Kläger und dem Amtsleiter F. alle gegangen waren. Der Amtsleiter hatte weder schriftlich ein Ende der Feier bestimmt noch diese mündlich für beendet erklärt. Jeder konnte gehen, wann er wollte und er verabschiedete nicht alle Mitarbeiter persönlich. Der Kläger und der Amtsleiter F. unterhielten sich im Anschluss mit dem Pächterehepaar der Bürgerhausgaststätte G., wobei weiter Alkohol konsumiert wurde. Gegen 3.15 Uhr mussten G. und der Kläger zur Toilette, wobei der Pächter die Bedienstetentoilette im Gaststättenbereich benutzte und der Kläger die Toilette im Kellerbereich aufsuchen wollte. Dabei stürzte er auf dem Treppenabgang und zog sich ein schweres offenes Schädel-Hirn-Trauma mit intracraniellen Blutungen zu, weswegen er seitdem schwerst behindert ist und unter Betreuung seiner Ehefrau steht. Der Senat entnimmt diesen Sachverhalt den Zeugenaussagen D., E., F. und G. vom 10. Mai 2007, der Auskunft der Stadt A-Stadt vom 17. März 1997 sowie dem Durchgangsarztbericht des Prof. S., Städtische Kliniken O-Stadt, vom 27. November 1996.
Die Beklagte zog neben dem Durchgangsarztbericht die Unfallanzeige der Stadt A-Stadt vom 3. Dezember 1996 sowie deren Auskünfte vom 17. März 1997 und 7. März 2001 bei, zudem die Mitteilung des Dr. Y., Städtische Kliniken O-Stadt, vom 4. April 1997. Danach wurde dem Kläger bei stationärer Aufnahme gegen 5.30 Uhr eine Blutprobe entnommen, die einen Wert von 289 mg% im Rahmen der Erstdiagnostik ergeben hatte. Die Umrechnung in einen exakten Promillewert sei nicht zulässig, wobei allerdings von einer Größenordnung von etwa 2,89 ‰ auszugehen sei. Mit Bescheid vom 25. April 1997 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall und die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Die vom Kläger besuchte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sei gegen 1.20 Uhr beendet gewesen. Für den zwei Stunden später erlittenen privaten Unfall bestehe danach kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz.
Mit Widerspruch vom 16. Mai 1997 machte der Kläger geltend, er sei von seinem Vorgesetzten D. beauftragt worden, einen Kontrollgang nach Abschluss der Veranstaltung durchzuführen und sei auf diesem letzten Kontrollgang verunglückt. Der Kläger hat eine Erklärung des D. vom 5. Oktober 2000 vorgelegt, in der es heißt: “Es ist aber richtig, dass eine grundsätzliche Anweisung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bürgerhäuser bestand, die im Besitz eines entsprechenden Schlüssels waren, jederzeit Kontrollgänge durchzuführen. Davon ausgenommen waren auch nicht die gastronomischen Einrichtungen. Herr A., der mir als überaus gewissenhafter Mitarbeiter bekannt war, hat diese Anweisung sehr genau genommen. In dem von mir ausgefüllten Unfallmeldebogen wurde daher die Tatsache mit vermerkt. Aus meiner Sicht bestand und besteht der Unfall in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit von Herrn A..„ Die Beklagte befragte im Verlaufe des Widerspruchsverfahrens den Amtsleiter F. (Gesprächsvermerk vom...