Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilrente. Vollrente. Rentenbeginn. Entgeltpunkte
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Teilrente nach § 42 SGB 6 in eine Vollrente umgewandelt, so stellt diese eine neue Rente mit neuem Rentenbeginn dar, die nach den dann geltenden Vorschriften zu berechnen ist und bei der insbesondere die Übergangsregelungen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung des § 263 Abs. 3 SGB 6 für den Umwandlungszeitpunkt anzuwenden sind.
Normenkette
SGB VI §§ 42-43, 66, 71, 74, 88, 100, 263
Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 08.08.1995; Aktenzeichen S-6/Kn-680/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 8. August 1995 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berechnung einer Altersrente.
Die Beklagte hatte dem 1929 geborenen Kläger auf seinen Antrag vom 30. April 1992 Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte anerkannt sind, zu einem Drittel als Teilrente mit Rentenbeginn vom 1. April 1992 durch vorläufigen Rentenbescheid vom 22. September 1992 gewährt. Die Ausbildungszeiten des Klägers hatte die Beklagte entsprechend der begrenzten Gesamtleistungsbewertung nach § 263 Abs. 3 des 6. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 6) mit 99 % – maximal 0,0825 Entgeltpunkte – bewertet.
Am 25. Oktober 1993 beantragte der Kläger die Zahlung der bisherigen Teilrente als Vollrente ab 1. Januar 1994. In dem Bescheid vom 13. Dezember 1993 bewertete die Beklagte die Ausbildungszeiten des Klägers nunmehr mit einem Prozentsatz von 95 % – maximal 0,0792 Entgeltpunkte –. Dagegen legte der Kläger am 4. Januar 1994 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 1994 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, bei der Gewährung der Vollrente handele es sich gegenüber der Teilrente um eine neue Altersrente mit Rentenbeginn ab 1. Januar 1994. Für diesen Zeitpunkt sei entsprechend der stufenweisen Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB 6 eine neue Gesamtleistungsbewertung der Ausbildungszeiten mit 95 % vorzunehmen.
Dagegen hat der Kläger am 25. April 1994 Klage erhoben, der das Sozialgericht Gießen mit Urteil vom 8. August 1995 stattgegeben hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß es sich bei dem Obergang von der Teilrente zur Vollrente lediglich um die Weiterzahlung der bisherigen Rente unter Berücksichtigung des Hinzutretens weiterer Beitragszeiten handele. Es sei mit dem Grundsatz der Besitzstandswahrung unvereinbar, wenn bei Verzicht auf zwei Drittel der Altersrente dann eine Schlechterstellung eintrete, wenn später die Zahlung der Altersrente als Vollrente begehrt werde.
Gegen das ihr am 9. Oktober 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8. November 1995 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt, die sie mit Rechtsgründen begründete.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 8. August 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger, der das erstinstanzliche Urteil für zutreffend hält, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–) ist sachlich begründet. Die Beklagte hat zu Recht bei der Berechnung der Vollrente die Ausbildungszeiten mit einem Prozentsatz von 95 v.H. berechnet. Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben.
Der Kläger bezog zunächst gemäß § 42 SGB 6 eine Teilrente einer Rente wegen Alters. Es handelte sich dabei um die erste Altersrente, so daß die Beklagte zutreffend gemäß § 66 SGB 6 die Entgeltpunkte für einen Rentenbeginn zum 1. April 1992 berechnete. Nach § 71 SGB 6 ff werden beitragsfreie Zeiten, zu denen auch Ausbildungszeiten gehören, nach im einzelnen angegebenen Durchschnittwerten berücksichtigt. Diese sogenannte Gesamtleistungsbewertung wird gemäß § 74 SGB 6 bei Ausbildungszeiten auf 75 % begrenzt (begrenzte Gesamtleistungsbewertung). Entsprechende Anrechnungszeiten dürfen für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Diese Regelung enthält gegenüber dem Recht des zuvor geltenden Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) eine Verschlechterung, für die gemäß § 263 Abs. 3 SGB 6 eine stufenweise Übergangsregelung vorgesehen ist. Danach wird bei Rentenbeginn im Jahre 1992 die Gesamtleistungsbewertung auf 99 %, bei Rentenbeginn im Jahre 1994 auf 95 %, begrenzt. Die Beklagte hat deshalb bei der Teilrente zutreffend eine begrenzte Gesamtleistungsbewertung der Ausbildungszeiten mit 99 % vorgenommen.
Die ab 1. April 1994 gewährte Vollrente stellt eine neue Rente mit n...