Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.05.1993; Aktenzeichen S-17/J-2799/89) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Mai 1993 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Versichertenrente.
Der am … 1948 geborene Kläger ist Kroate. Nach dem Schulbesuch durchlief er eine Ausbildung zum Maler und leistete 1968/69 seinen 18-monatigen Armeedienst ab. Er kam 1970 in die Bundesrepublik und arbeitete hier zunächst als Lackierer- und Malergehilfe. Seit 1. Januar 1973 war er bis zum Eintritt von fortdauernder Arbeitsunfähigkeit am 8. September 1988 bei der Firma H. beschäftigt. Nach Auskunft der H. AG vom 15. Juni 1992 war er dort ab 2. August 1973 als Betriebsfachwerker eingestellt und hatte Kesselwagen zu fahren (Schichtarbeit). Sein Aufgabengebiet umfaßte die Steuerung und Überwachung der Betriebsanlage, die Kontrolle von Meßwerten, die Reinigung der Anlage. Seit 1987 konnte der Kläger diese Arbeiten wegen physischer und psychischer Erkrankungen nicht mehr ausführen. Er wurde dann Anfang 1988 im Labor zum Abfüllen von Proben eingesetzt und war seit September 1988 durchgehend arbeitsunfähig krank. Die gesundheitlichen Probleme zeigten sich auch auf dem Arbeitsplatz im Labor. Bis Juli 1988 war der Kläger tariflich in die Lohngruppe V als angelernter Chemiefacharbeiter eingruppiert, dann nach der Ablösung der Rahmentarifverträge durch den Bundesrahmentarif in die Lohngruppe E 06 als Facharbeiter.
Unter Vorlage eines Befundberichts des Internisten Dr. S. vom 24. Januar 1989 beantragte der Kläger bei der Beklagten am 31. Januar 1989 die Gewährung von Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte zog Befundunterlagen des Dr. S. bei (Bericht für den Vertrauensärztlichen Dienst vom 23. Januar 1988, Arztbriefe des Orthopäden Dr. R. vom 22. Dezember 1988, der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 25. November 1988, des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 17. September 1987 und einen Kurentlassungsbericht aus L. vom 25. September 1987). Anschließend veranlaßte die Beklagte zunächst ein orthopädisches Gutachten vom 10. März 1989 des Dr. I., der das Leistungsvermögen des Klägers auf seinem Fachgebiet auf Dauer gemindert sah durch ein lokales Lumbalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlhaltung, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, lumbosacraler Assimilationsstörung und geringem Baastrup-Phänomen L 4/5; Cervikalsyndrom bei HWS-Fehlhaltung und leichten degenerativen HWS-Veränderungen; Periathropathia humeroscapularis rechts, geringe Arthrose des rechten Acromioclavikulargelenks. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in den bisherigen Tätigkeiten mittelschwere Arbeiten regelmäßig verrichten. Auszuschließen seien gehäufte Bückarbeiten, länger anhaltende einseitige Körperhaltung im Sinne einer Zwangshaltung, häufiges schweres Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten und häufiges Verrichten von Über-Kopf-Arbeiten. Anschließend erfolgte noch eine psychiatrisch-neurologische Begutachtung durch Dr. T.. Im Gutachten vom 15. Juni 1989, dem ein Arztbrief des Ortopäden Dr. P. vom 14. Februar 1989 beigefügt war, wurde eine neurotische Fehlentwicklung mit ängstlichen Zügen und funktioneller Überlagerung der vermeintlich spondylogenen Symptomatik festgestellt. Bei der neurologischen Untersuchung fiel ein inkonstanter vegetativer Tremor auf. Aus neuropsychiatrischer Sicht wurde der Kläger für fähig gehalten, altersentsprechend schwere körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Dabei dürfe es sich nicht um Arbeiten in Akkord und Nachtschicht oder mit Feinmotorik der Hände handeln. Ausreichende Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sei vorhanden. Im weiteren sozialmedizinischen Gutachten vom 8. August 1989 stellte die Medizinaldirektorin W. zusammenfassend die Diagnosen: Fehlhaltung und Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule, leichte Verschleißerscheinungen an einzelnen großen Gelenken, psychosomatische Entwicklungsvariante im Sinne einer neurotisch-ängstlichen Fehlentwicklung und Störung des Farbsehvermögens. Der Kläger könne mittelschwere Lohnarbeiten vollschichtig mit Einschränkungen verrichten. Er sollte nicht in Nacht- und Akkordarbeit eingesetzt werden. Die Arbeiten sollten nicht mit häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten (zumutbar 20 Kilogramm) verbunden sein, keine überwiegend einseitige Körperhaltung oder Über-Kopf-Arbeiten beinhalten. Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. August 1989 ab.
Der Kläger erhob dagegen am 4. September 1989 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage. Er übersandte einen Entlassungsbericht vom 16. Februar 1990, einen CT-Befund der LWS vom 29. Dezember 1992 des Radiologen Dr. L., ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin ...