Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.03.1994; Aktenzeichen S-11/12/Vb-2248/91)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. März 1994 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1950 geborene Kläger ist Schwerbehinderter nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG). Durch zuletzt bindend gewordenem Bescheid vom 28. Februar 1986 wurden bei ihm folgende Gesundheitsstörungen als Behinderungen anerkannt:

  1. Zustand nach Poliomyelitis mit Wachstumsstörungen, Paresen und Atrophien des rechten Armes und Beines,
  2. HWS-Syndrom

und der Grad der Behinderung (GdB) mit 100 festgestellt. Ferner erkannte der Beklagte beim Kläger das Vorliegen der Nachteilsausgleiche „B”, „G” sowie „aG” an.

Mit Antrag vom 21. April 1986 begehrte der Kläger darüber hinaus die Zuerkennung der Nachteilsausgleiche „H” und „RF”. Dieser Antrag wurde durch rechtsverbindlichen Bescheid vom 14. August 1986 zurückgewiesen (rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12. August 1988, durch Berufungsrücknahme in dem Verfahren vor dem Landessozialgericht Essen – Az.: L-7/VS-213/88 –).

Am 31. Oktober 1990 begehrte der Kläger erneut die Feststellung der Nachteilsausgleiche „H” und „RF”. Vom Beklagten wurde hierauf ein Befundbericht beigezogen von Dr. med. W. A. Arzt für Orthopädie, Rheumatologie, Chirotherapie und Sportmedizin (25. Januar 1991), zu dem sich der Chirurg des Beklagten E. vom 18. März 1991 im wesentlichen dahin äußerte, der orthopädische Befundbericht belege eine weitergehende Funktionslosigkeit des rechten Beines und des rechten Armes und der rechten Hand. Über Funktionsstörungen der linken Extremitäten sei nichts belegt. Hiernach könne bei Funktionen der linken Extremitäten beim Vorliegen eines Halswirbelsäulensyndroms, sowie der aufgeführten Weichteilreizzustände beider Hüftgelenke die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich „H” und „RF” nicht angenommen werden. Es sei nicht nachzuvollziehen, wieso der Kläger beim Fortbewegen innerhalb der Wohnung einer Hilfe bedürfe. Der orthopädische Befundbericht belege „Gehen zu Fuß”. Eine Hilfe dabei werde jedoch nicht belegt. Mit Bescheid vom 19. März 1991 wies der Beklagte hierauf den Antrag des Klägers zurück, bezeichnete jedoch die Behinderungen wie folgt neu:

  1. Zustand nach Poliomyelitis mit Wachstumsstörungen, Paresen und Atrophien des rechten Armes und Beines
  2. Degeneratives Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik, Weichteilreizzustand beider Hüftgelenke.

Im übrigen hielt er an den bindenden Feststellungen des Bescheides vom 28. Februar 1986 fest. Der hiergegen am 22. April 1991 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. Er wurde durch Widerspruchsbescheid vom 7. August 1991 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte im wesentlichen aus, Voraussetzung für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs „H” sei, daß eine Person ständig und auf Dauer fremder Hilfe beim Essen, Trinken, Waschen, Frisieren, Rasieren oder Notdurftverrichten in erheblichem Umfange bedürfe. Hierzu gehöre nicht die Haushaltsführung, die Essenszubereitung, die Wohnungsreinigung, das Wäschewaschen, Bügeln oder die eigentliche Krankenpflege. Die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht setze voraus, daß jemand aus gesundheitlichen Gründen dauernd von öffentlichen Veranstaltungen jeglicher Art ausgeschlossen und eine gelegentliche Teilnahme im Rollstuhl und mit Hilfe anderer Personen unmöglich sei. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht.

Hiergegen hat der Kläger am 6. September 1991 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Zur Begründung hat er sich im wesentlichen auf seine bereits im Vorverfahren vorgetragene Auffassung berufen. Darüber hinaus hat er die Ansicht geäußert, es sei hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs „H” nicht erforderlich, daß er bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens dauernder fremder Hilfe bedürfe, sondern zumindest bei einem Großteil. Das Gesetz verlange lediglich einen Bedarf an erheblichem Umfang und nicht in allen Bereichen. In sämtlichen ärztlichen Äußerungen werde nicht auf seine Behinderungen eingegangen, sondern lediglich darauf abgestellt, daß er sich alleine an- und auskleiden könne und berufstätig sei. Dabei werde übersehen, daß er Probleme beim Binden von Schuhen und Krawatten habe und insoweit nicht ohne die Hilfe seiner bei ihm lebenden Mutter auskomme. Da der Gesetzgeber beim Nachteilsausgleich „H” einen Steuerfreibetrag gewähre, werde folglich davon ausgegangen, daß trotz Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen werden könne.

Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts einen Entlassungsbericht des B. krankenhauses F. vom 18. Oktober 1991 sowie Befundberichte der Dres. Z. vom 12. Februar 1992 mit ergänzender Äußerung vom 3. Juni 1992, des Dr. A. vom 14. Februar 1992 mit ergä...

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