Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme

 

Orientierungssatz

1. Die Bewilligung einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation nach § 40 Abs. 2 SGB 5 setzt voraus, dass ambulante Rehabilitationsleistungen aus medizinischen Gründen nicht ausreichend sind.

2. Eine Reha-Maßnahme darf nur dann bewilligt werden, wenn sie geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen. Die Durchführung einer stationären anstelle einer ambulanten Maßnahme ist u. a. dann indiziert, wenn die Entkoppelung des Versicherten aus der Alltagssituation und die therapeutische Gemeinschaft der Mitpatienten voraussichtlich zu einer Verbesserung des Krankheitsbildes führt.

3. Erscheint die stationäre Reha-Maßnahme nur unter der Voraussetzung erfolgversprechend, wenn sich daran eine ambulante tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie anschließt, und ist der Versicherte zu einer Einwilligung hierzu nicht bereit, so ist die Krankenkasse zur Bewilligung der stationären Reha-Maßnahme mangels insgesamt bestehender Erfolgsaussicht nicht verpflichtet.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. November 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf eine stationäre Rehabilitations-Maßnahme streitig.

Die Klägerin, geboren im Jahr 1948, ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie erlitt im November 2002 einen Gehörsturz mit Tinnitus bds. Sie wurde daraufhin vom 30. November 2002 bis zum 16. Dezember 2002 in der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des Klinikums der C. Universität C-Stadt behandelt; die ambulante Weiterbehandlung erfolgte vom 8. Januar 2003 bis zum 24. Januar 2005 durch den HNO Arzt Dr. D.. Zusätzlich wurde in der Zeit vom 13. bis zum 24. Januar 2003 im Druckkammer-Zentrum F. 10-mal eine hyperbare Sauerstoff-Therapie durchgeführt. Ab April 2003 wurde die Klägerin ferner durch Dr. E. (Neurologe und Psychiater) mitbehandelt.

Die Klägerin beantragte über ihren HNO-Arzt Dr. D. im Februar 2003 eine stationäre Rehabilitation. Dr. D. machte den Behandlungsvorschlag, der Einübung von Entspannungstechniken. Die Klägerin äußerte den Wunsch, die stationäre Reha-Maßnahme in der Tinnitusklinik G. durchführen zu lassen.

Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in I. (MDK). Dieser kam in seiner Stellungnahme vom 11. und vom 12. Februar 2003 zu dem Ergebnis, eine ambulante Infusionsbehandlung sei ausreichend bzw. es wurde eine Kompaktkur befürwortet.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. März 2003 (ohne Rechtsmittelbelehrung) mit dem Hinweis ab, der MDK halte eine Kompaktkur für ausreichend.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die bisherige Behandlung habe zu keiner Besserung geführt. Die Beklagte habe pflichtwidrig den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. So habe der MDK es versäumt, sich mit dem behandelnden HNO-Arzt in Verbindung zu setzen. Ihre psychische Belastung sei ausgesprochen hoch und ein Kuraufenthalt in einer spezialisierten Klinik aus ärztlicher Sicht unbedingt erforderlich. Andernfalls müsse mit weiteren Kosten ggf. über eine längere Zeit gerechnet werden.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Untersuchung der Klägerin durch den MDK, die am 31. Juli 2003 durchgeführt wurde. Der MDK stellt in seinem Gutachten vom 1. August 2003 einen ständig bestehenden Tinnitus und Schwerhörigkeit bds. fest. Zusätzlich trete nunmehr ca. einmal wöchentlich eine rechtsseitige Migräne mit Sehstörungen beids. auf. Der MDK kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, sämtliche am Wohnort der Klägerin zur Verfügung stehenden Behandlungsverfahren des Tinnitus seien erfolglos durchgeführt worden. Es bestehe jedoch keine Notwendigkeit einer stationären Reha-Maßnahme, befürwortet werde eine Kompaktkur. Darüber hinaus sei eine psychologisch-psychiatrische Mitbehandlung in Form einer ambulanten Psychotherapie zur Verarbeitung der Erkrankung erforderlich.

Mit förmlichem Bescheid vom 8. August 2003 wiederholte die Beklagte die Nichtbewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme und wies mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2004 den Widerspruch der Klägerin gestützt auf das MDK-Gutachten als unbegründet zurück. Ergänzend führte die Beklagte im Widerspruchsbescheid aus, der Klägerin sei entsprechend der Empfehlung des MDK eine Kompaktkur in einem anerkannten Kurort (z. B. in Bad Zwischenahn) angeboten worden. Dies habe die Klägerin abgelehnt.

Die Klägerin hat am 30. Juli 2004 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zu Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.

Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt bei Dr. D. vom 20. April 2006 und bei Dr. E. vom 17. Juli 2006. Dr. D. hat in seinem Befundbericht eine Kompaktkur für ausreichend a...

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