Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfverfahrensvereinbarung. materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Ermächtigungsgrundlage

 

Orientierungssatz

Die Regelung des § 7 Abs 2 S 3 und 4 PrüfvV 2014 (juris: PrüfvVbg) beinhaltet der Sache nach eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Die betreffende Vereinbarung lässt sich auch auf eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.05.2021; Aktenzeichen B 1 KR 32/20 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 2. Januar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 7.607,48 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung und dabei insbesondere das Bestehen eines Vergütungsausschlusses aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung in der ab dem 1. Januar 2015 gültigen Fassung (PrüfvV 2015).

Die bei der Beklagten versicherte C. C. (nachfolgend: Versicherte) wurde vom 9. bis 15. Dezember 2015 in der Klinik der Klägerin vollstationär behandelt. Am 11. Februar 2016 stellte die Klägerin der Beklagten hierfür einen Betrag in Höhe von 7.607,48 € auf der Grundlage des DRG L06A (Kleine Eingriffe an der Harnblase mit äußerst schwerer CC) in Rechnung, der von der Beklagten zunächst vollständig beglichen wurde.

Nachfolgend leitete die Beklagte ein Prüfverfahren ein und zeigte dies der Klägerin mit Schreiben vom 10. März 2016 an. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Hessen (MDK) teilte der Klägerin in einem Schreiben vom 14. März 2016 unter dem Betreff „Begehung“ den Erhalt des Prüfauftrags mit folgender Fragestellung mit: „Bestand die Notwendigkeit der vollstationären KH-Behandlung nach § 39 SGB V für die gesamte Dauer vom ... bis ...? Unterfrage: Die Notwendigkeit der stationären Behandlung vom 9. Dezember 2015 bis 15. Dezember 2015 ist nicht ersichtlich." Daneben seien die „Nebendiagnose R15 und das Zusatzentgelt ZE2015-36 nicht nachvollziehbar." Mit weiterem Schreiben vom 15. März 2016 forderte der MDK von der Klägerin unter nochmaliger Benennung der vorgenannten Fragestellung die Übersendung von 12 im einzelnen benannten Behandlungsunterlagen. Der MDK teilte der Beklagten mit Schreiben vom 13. April 2016 mit, dass die angeforderten Unterlagen von der Klägerin nicht vorgelegt worden seien und somit die Begutachtung nicht habe erfolgen könne. Die Beklagte wies die Klägerin hierauf mit Schreiben vom 19. Mai 2016 hin und bat um Stornierung des Rechnungsbetrags, andernfalls werde sie eine Aufrechnung vornehmen. Am 20. Juni 2016 erfolgte die Aufrechnung der streitgegenständlichen Vergütung mit weiteren unstreitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin.

Hiergegen richtet sich die am 3. Januar 2018 vor dem Sozialgericht Marburg erhobene Klage. Die Klägerin hat dabei geltend gemacht, die MDK-Prüfaufträge seien widersprüchlich, weshalb sich die Beklagte nicht auf die vierwöchige Frist zur Übersendung der Unterlagen berufen könne. Mit dem Schreiben vom 14. März 2016 habe der MDK zunächst eine Begehung im Krankenhaus angekündigt. Am Folgetag sei dann ein Prüfauftrag für ein schriftliches Verfahren mit der Bitte um Übersendung von Unterlagen übersandt worden. Zudem mangele es der Normierung einer Ausschlussfrist in § 7 Abs. 2 S. 3 PrüfvV 2015 an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Diese Regelung sei insbesondere nicht geeignet, den im gerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatz zu durchbrechen. § 103 SGG könne nur durch förmliches Bundesgesetz außer Kraft gesetzt werden.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2. Januar 2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe unstreitig die angeforderten Behandlungsunterlagen nicht innerhalb der Vier-Wochenfrist nach § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV übersandt. Damit habe sie nach § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV keinen Anspruch auf den strittigen Rechnungsbetrag. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV um eine Ausschlussfrist handele, da die Nichteinhaltung nach ihrem eindeutigen Wortlaut zum Vergütungsausschluss führe. Das Prüfverfahren sei von der Beklagten auch ordnungsgemäß eingeleitet worden. Erkenne die Krankenkasse bei der Prüfung nach § 3 PrüfvV Auffälligkeiten, die es erforderlich machen, eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistungen oder der Korrektheit deren Abrechnung nach § 275 Absatz 1c SGB V einzuleiten, habe sie dem Krankenhaus die Auffälligkeiten innerhalb von 6 Wochen nach Eingang der nach § 3 übermittelten Daten und der entsprechenden Krankenhausrechnung so konkret wie möglich mitzuteilen und hierbei die Art der Prüfung zu bestimmen. Vorliegend habe die Beklagte weniger als einen Monat nach Rechnungslegung das Prüfverfahren eingeleitet und dem Krankenhaus die Prüfungsart mitgeteilt. Sie habe insoweit eine Fehlbelegungsprüfung sowie eine Teilprüfung der...

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