Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Beschäftigung eines Familienangehörigen. Sohn. familienhafte Mithilfe. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung. Rechtsmacht. Firmeninhaber
Leitsatz (amtlich)
1. Eine abhängige Beschäftigung in einer Einzelfirma eines nahen Familienangehörigen liegt auch dann vor, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles der als Arbeitnehmer geführte (leitende) Angestellte oder Fremdgeschäftsführer auf Grund seiner Stellung in der Familie faktisch vollkommen freie Hand in der Führung der Geschicke des Unternehmens hat und wie ein Alleininhaber "frei Schalten und Walten kann".
2. Maßgeblich ist allein die Rechtsmacht des Firmeninhabers. Im Konfliktfall, zB wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann für eine abhängige Beschäftigung ausschlaggebend sein zu lassen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. August 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger in den Zeiträumen 26.01.1981 bis 30.09.1986 und 01.10.1986 bis 31.12.1991 im Rahmen seiner Tätigkeit im Handwerksbetrieb seines Vaters abhängig beschäftigt war und damit der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Der 1961 geborene Kläger hatte zwischen 1977 bis 1981 eine Maschinenschlosser-Lehre außerhalb des Betriebes seines Vaters absolviert und am 21.03.1986 die Meisterprüfung im Rollladen- und Jalousienbau abgelegt. Seit dem 26.01.1981 war der Kläger in der Firma seines Vaters tätig gewesen, wobei er von dieser mit dem Berufsschlüssel 761 (Bürofachangestellter) zur Beklagten zu 2) als Arbeitnehmer angemeldet worden war und dort auch als solcher geführt wurde. Dementsprechend waren neben den Beiträgen zur Krankenversicherung auch Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung von dem im Wesentlichen regelmäßig auf ein privates Konto des Klägers gezahlten Entgelt abgeführt worden. Ab 01.10.1986 hatte sich der Kläger bei der XY. Krankenversicherungs AG privat krankenversichert, da er die für die gesetzliche Krankenversicherung maßgebliche Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten hatte. Das private Krankenversicherungsunternehmen hatte dem Kläger unter dem Datum vom 02.10.1986 eine Bescheinigung zur Erlangung des Arbeitgeberzuschusses zum Beitrag für eine private Krankenversicherung erteilt. Im Zeitraum vom 01.10.1986 bis 31.12.1991 fungierte die Beklagte zu 1. als Einzugsstelle für die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Nach Angaben des Klägers existieren zu dem streitigen Zeitraum keine Lohnunterlagen der Firma und auch keine ihm erteilten Lohnabrechnungsnachweise mehr.
Der Vater des Klägers hatte den seit langem im Familienbesitz befindlichen und zeitweise in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft geführten Handwerksbetrieb seit 1969 als Einzelfirma geführt, deren alleiniger Inhaber er war. Er verstarb am 01.10.1991 nach langandauernder schwerer Erkrankung. Nach Angaben des Klägers waren in dem Betrieb, der hauptsächlich Aufträge der Stadt B-Stadt ausführt, ursprünglich 7 Mitarbeiter und Ende 1991 / Anfang 1992 ca. 15 Mitarbeiter tätig; derzeit habe der Betrieb - je nach Konjunkturlage - ca. 25 Mitarbeiter. Geschäftsziel des Betriebes ist seit langem Bau, Vertrieb und Montage von Rollläden sowie Vertrieb von Fenstern, Toren, Türen und Sonnenschutz.
Durch Gesellschaftsvertrag vom 21.02.1992 war die Firma in die Rechtsform einer GmbH umgewandelt und der Kläger als beherrschender Gesellschafter zum alleinigen Geschäftsführer bestellt worden. In dem unter dem Datum vom 25.02.2002 zwischen der GmbH und dem Kläger abgeschlossenen Anstellungsvertrag heißt es unter § 3 Bezüge in Absatz 4, “da der Kläger als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer nicht sozialversicherungspflichtig ist, wird die Gesellschaft keine Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abführen„.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12.12.2006 beantragte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Beigeladenen zu 2., die Erstattung der für die Zeit bis 31.12.1991 seiner Auffassung nach fälschlicherweise entrichteten Pflichtbeiträge. Die Beigeladene zu 2. leitete den Vorgang an die Beklagte zu 1. weiter. Mit weiterem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.04.2007 stellte der Kläger sodann bei der Beklagten zu 2) einen Antrag auf Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung sowie der sonstigen Beiträge zur Sozialversicherung. Dabei m...