Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Unternehmereigenschaft. BGB-Gesellschaft

 

Orientierungssatz

Ein Personenzusammenschluß schließt die Unternehmereigenschaft iS des § 24 KSVG nicht aus, so daß auch die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein abgabepflichtiges Unternehmen (auch Arbeitgeberin) sein kann.

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.11.1994; Aktenzeichen S - 9/Kr - 3938/90)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 1994 wird zurückgewiesen.

II. Die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 25. Mai 1991 und 12. August 1991 wird abgewiesen.

III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung dem Grunde nach und der Höhe nach für die Zeit ab August 1987 streitig.

Die Klägerin betreibt als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes das Orchester "D. K. GbR". Es handelt es sich um den Zusammenschluß von Musikern ohne Chefdirigenten oder künstlerische Leitung. Gründungsgesellschafter waren W., H., E. v. B., A., S., B., M., F., W., N., M., K., R., G., B., C., G., S.. Laut § 2 des am 16. August 1987 geschlossenen Gesellschaftervertrages ist Zweck der Gesellschaft:

"Das Zusammenwirken besonders befähigter Musiker in künstlerischer Autonomie zur Erreichung herausragender Interpretationen und zur Erweiterung des Konzertprogramm-Repertoires, die Veranstaltung von und Mitwirkung bei Konzerten und sonstigen Produktionen, Probenphasen, Kursen, Workshops und Symposien."

Laut § 3 sind an Gewinn und Verlust sowie dem Vermögen der Gesellschaft die Gesellschafter nach Kopfteilen beteiligt. Nach § 4 werden aus der Mitte der Gesellschaft ein Hauptgeschäftsführer und drei weitere Geschäftsführer gewählt. Von der Klägerin werden regelmäßig Konzerte im In- und Ausland gegeben. Zu den wiederkehrenden Verpflichtungen gehören auch Opernproduktionen, Aufführungen von Stummfilmen mit Livemusik und Mitwirkung bei internationalen Festivals sowie Plattenaufnahmen. Für ihre Auftritte engagiert die Klägerin geeignete Dirigenten, Instrumentalsolisten sowie Orchestermusiker, die Künstlerhonorare erhalten.

Im September 1989 übersandte die Beklagte, nachdem sie durch Zeitungsberichte von der Klägerin Kenntnis erlangt hatte, Fragebogen zur Feststellung der Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Mit Bescheid vom 23. Oktober 1989 stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin zum Kreis der abgabepflichtigen Unternehmer nach dem KSVG gehöre, da sie als Unternehmen ein Orchester betreibe.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen insbesondere damit, daß sie kein professioneller Vermarkter sei und die Absicht der Gewinnerzielung fehle. Die Abgabenpflicht setze jedoch ein Unternehmen voraus, das nach seinem Gegenstand geeignet sei, ein wirtschaftliches Übergewicht und damit eine soziale Verantwortlichkeit gegenüber den selbständigen Künstlern zu begründen. Dies fehle bei ihr. Die engagierten Dirigenten und Solisten seien nur am erzielten Erlös beteiligt. Ferner trug die Klägerin vor, daß die Orchestermitglieder bereits als Künstler selbständig versichert seien. Im übrigen sei vertraglich immer vereinbart worden, daß die jeweiligen Konzertveranstalter und Musikverlage die Künstlersozialabgabe zahlten. Letztlich führte die Klägerin gegen die Abgabepflicht durch die Generalklausel des § 24 Abs. 2 KSVG verfassungsrechtliche Bedenken an. Bei verfassungskonformer Auslegung unterfalle sie nicht der Abgabenpflicht. Die Beklagte erbat hierauf Listen aller Veranstaltungen sowie Kopien der Verträge zwischen den Künstlern und der Klägerin sowie zwischen der Klägerin und den Veranstaltern bzw. Verlagen. Dem kam die Klägerin mit Übersendung der Projektübersichten für die Jahre 1989 bis 1990 nach.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 1990 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, daß ein Unternehmer, der ein Orchester betreibe, zur Künstlersozialabgabe verpflichtet sei. Das KSVG definiere keinen eigenständigen Unternehmerbegriff, vielmehr gelte der sozialrechtliche Unternehmensbegriff. Unternehmen sei danach ein Sammelbegriff für alle betrieblichen Fertigkeiten und Einrichtungen, jede planmäßige, für eine Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, die auf einen einheitlichen Zweck gerichtet seien. Eine betriebswirtschaftliche Orientierung sei nicht erforderlich. Laut Bundestagsdrucksache 339/87 zur Änderung des § 24 KSVG sollten als nicht professionelle Vermarkter nur Unternehmer angesehen werden, die nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler erteilen. Der Tatbestand der Regelmäßigkeit sei jedoch bei wiederkehrenden Aufträgen bereits erfüllt.

Am 20. Dezember 1990 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Zur Begründung hat sie ergänzend vorgetragen, daß sie weder als "Unternehmer" ein Orchester im Sinne von § 24 Abs. 1 Sa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge