Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. weitere Unfallfolge. haftungsausfüllende Kausalität. psychiatrische Erkrankung. wesentliche Mitursache. Nachweis. hinreichende Wahrscheinlichkeit. Anlageleiden. Vulnerabilität. frühkindliches Trauma. Manifestation einer schizoaffektiven Störung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Mitursächlichkeit eines Unfallereignisses für die Manifestation einer schizoaffektiven Störung.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine höhere Rente unter Anerkennung einer psychiatrischen Erkrankung als weitere Folge des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 14. November 1997.

Die 1974 geborene Klägerin ist ausgebildete Justizangestellte und war im Unfallzeitpunkt in der Kanzlei des Arbeitsgerichts in D-Stadt als Halbtagskraft angestellt. Sie befand sich am Unfalltag, dem 14. November 1997, gegen 11.25 Uhr auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, als sich an der Kreuzung E-Straße/F-Straße in D-Stadt an einem vorbeifahrenden Pkw der Anhänger von der Anhängerkupplung löste, rechts von der Fahrbahn abkam und die Klägerin erfasste (Verkehrsunfallanzeige vom 14. November 1997). Die Klägerin erlitt durch die Kollision ein stumpfes Bauchtrauma, eine offene dislozierte Oberschenkelfraktur links sowie eine distale Radiusfraktur mit Gelenkbeteiligung am rechten Arm.

In der Zeit vom 14. November bis 10. Dezember 1997 wurde sie durch den Leitenden Arzt der unfallchirurgischen Abteilung des ...hospitals in A-Stadt, Dr. med. G., stationär behandelt. Da sie durch den Unfall ein Milzhämatom erlitten hatte und die Gefahr einer Ruptur bestand, wurde der Klägerin am 26. November 1997 die Milz entfernt. Die behandelnden Ärzte diagnostizierten neben den genannten Verletzungen auch eine posttraumatische reaktive Depression (Bericht des Krankenhauses vom 29. Dezember 1997) und empfahlen im Anschluss an die stationäre Behandlung eine psychiatrisch-neurologische Behandlung (Bericht vom 22. Januar 2008).

Die ambulant behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. H. diagnostizierte bei der Klägerin eine Angstsymptomatik, die direkt auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sei (Bericht vom 25. März 1998). Deswegen veranlasste sie eine verhaltenstherapeutische Behandlung bei der Psychologin Frau J. Beginnend ab 12. März 1998 fanden 11 Einzelsitzungen statt, in denen die Psychologin zu dem Ergebnis kam, durch den Unfall seien bei der Klägerin eine Reihe von Ängsten ausgelöst worden im Sinne spezifischer Phobien (Verlaufsbericht der Psychologin vom 29. September 1998). Am 15. März 1998 war die Klägerin nach Auffassung der behandelnden Ärzte wieder arbeitsfähig (Bericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. med. K.) und nahm ihre Arbeit am Arbeitsgericht am 16. März 1998 wieder auf.

Die Beklagte gab zur Rentenbeurteilung verschiedene Gutachten in Auftrag. Dr. G. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 29. Juni 1998 eine bei Zustand nach knöchern konsolidierter Oberschenkelschaftfraktur linksseitig endgradige Behinderung der Außenrotation im Hüftgelenk, eine geringgradige linksverkürzte Beinlängendifferenz, eine bei Zustand nach Radiusfraktur rechtsseitig endgradige Behinderung der Handhebung und Handsenkung sowie einen Zustand nach Milzexstirpation bei stumpfem Bauchtrauma und eine hieraus resultierende Empfindungsstörung im Verlauf der Operationswunde. Die hieraus resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf 20 v.H. Prof. Dr. L., Zentrum für Innere Medizin der Uniklinik in A-Stadt, stellte in seinem Gutachten vom 29. Oktober 1998 die Entfernung der Milz der Klägerin als Unfallfolge fest und bewertete die MdE bis zum zweiten Unfalljahr mit 20 v.H., danach mit 10 v.H. Ein weiteres von der Beklagten von dem Psychiater Dr. M. eingeholtes Gutachten vom 10. Mai 1999 ergab, dass bei der Klägerin unfallabhängig nach Therapie noch Reste einer posttraumatischen Belastungsreaktion bestehen würden. Ab Eintritt der Arbeitsfähigkeit habe wegen der in Rückbildung begriffenen traumatischen Störung noch bis zum 30. Juni 1998 eine MdE rein auf psychiatrischem Fachgebiet in Höhe von 10 v.H. vorgelegen. Ab dem 1. Juli 1998 habe psychiatrisch keine MdE mehr vorgelegen. Im unfallchirurgischen Gutachten des ...hospitals vom 29. Juni 1998 werde eine depressive Verstimmung ausdrücklich verneint.

Nach Vorschusszahlungen ohne Bescheid an die Klägerin holte die Beklagte zur Rentennachprüfung ein Gutachten von dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. med. N. vom 15. November 1999 ein. Dieser schätzte die MdE auf rein unfallchirurgischem Fachgebiet auf 15 v.H. und unter Berücksichtigung der Unfallfolgen auf internistischem Fachgebiet auf 20 v. H. Dr. O. schloss in seinem von der Beklagten eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 10. Dezember 1999 hins...

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