Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 25.11.1998; Aktenzeichen S 14 AL 1479/96)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.11.2000; Aktenzeichen B 11 AL 87/99 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. November 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer betrieblichen Sonderzahlung bei der Zahlung von Konkursausfallgeld.

Der Kläger, geboren im Jahr 1949, war bei der Fa. H. R. KG in F. versicherungspflichtig beschäftigt.

Seit dem Jahr 1978 leistete die frühere Arbeitgeberin des Klägers ihren Mitarbeitern eine betriebliche Sonderleistung nach den tariflichen Regelungen über betriebliche Sonderzahlungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende des Installateur-. Klempner-, Kupferschmiede- und Zentralheizungsbauer-Handwerks in Hessen vom 13. Juni 1977. Die Auszahlung erfolgte zum 01. Dezember jeden Jahres.

Nach § 3 (Fälligkeit) Ziff. 1 dieses Tarifvertrags wird der Zeitpunkt der Auszahlung durch Betriebsvereinbarung geregelt. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, so gilt nach § 3 Ziff. 2 des Tarifvertrages als Auszahlungstag der 1. Dezember.

Das Amtsgericht F. eröffnete mit Beschluß vom 17. März 1993 (Az.: 6 VN 2/93) das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der früheren Arbeitgeberin des Klägers.

Am 28. November 1995 schlossen der Zeuge K. als Vorsitzender des Betriebsrates, und der Zeuge T. als Geschäftsführer der Arbeitgeberin, eine erste Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 1) zur Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung für das Jahr 1995. Diese lautet u.a.:

  1. „Zwischen dem Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Hessen, und der Industriegewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutschland besteht seit dem 01.01.1978 eine tarifliche Regelung über betriebliche Sonderzahlungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende des Gas- und Wasserinstallateurs-, Klempner-, Kupferschmiede, Zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerks in Hessen.
  2. Demzufolge sind gemäß § 3 des betreffenden Tarifvertrages Sonderzahlungen in bestimmten Staffeln zu zahlen, wobei als Auszahlungstag jeweils der 01. Dezember gilt. Die Auszahlungen wurden seit dem 01.01.1978 an sämtliche organisierten und nichtorganisierten Arbeitnehmer ohne Widerrufsvorbehalt vorgenommen.
  3. Da die Firma H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Sonderzahlungen zum 01. Dezember 1995 zu leisten, wird vereinbart, die Sonderzahlungen bis spätestens zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen.”

Mit Datum vom 01. Februar 1996 wurde eine zweite Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 2), ebenfalls unterschrieben von den Zeugen K. und T., geschlossen. Darin wird u.a. geregelt: „Da die H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage war, die Sonderzahlung bis zum 01. Februar 1996 nachzuzahlen, gemäß der Betriebsvereinbarung vom 28.11.1995, wird in Abänderung der vorgenannten Betriebsvereinbarung nunmehr vereinbart, daß die Sonderzahlungen bis spätestens zum 01. April 1996 vorzunehmen sind und zwar für sämtliche nachstehend genannten Arbeitnehmer: (es folgen die Namen der Arbeitnehmer, auch der Name des Klägers)”.

Ebenfalls mit Datum vom 01. Februar 1996 wurde eine dritte Betriebsvereinbarung (Betriebsvereinbarung Nr. 3), gleichfalls unterschieben von den beiden Zeugen, geschlossen. Darin heißt es u.a.: „Da die H. R. KG aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage war, die Sonderzahlungen bis zum 31. Januar 1996 nachzuzahlen, gemäß Betriebsvereinbarung vom 28.11.1995, wird in Abänderung der vorgenannten Betriebsvereinbarung nunmehr vereinbart, daß die Sonderzahlungen bis spätestens zum 31. März 1996 vorzunehmen sind und zwar für sämtliche nachstehend genannten Arbeitnehmer: (es folgen auch hier die Namen der Arbeitnehmer, auch der Name des Klägers)”.

Am 15. Februar 1996 wurde erneut die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der Arbeitgeberin beantragt. Dieses Verfahren wurde beim Amtsgericht F. unter dem Az.: VN 1/96 geführt. Dieser Versuch scheiterte. Mit Beschluß des Amtsgerichts F. (Az.: N 30/96) vom 01. April 1996 wurde die Eröffnung des Anschlußkonkurses beschlossen.

Am 17. Mai 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Konkursausfallgeld.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18. Juni 1996 Konkursausfallgeld für ausstehenden Lohn in der Zeit vom 01. Februar 1996 bis 31. März 1996 in Höhe von 6.780,25 DM. Weiter heißt es in dem Bescheid: Die betriebliche Sonderzahlung sei nicht berücksichtigt worden, da der maßgebliche Auszahlungstermin (01. Dezember 1995) außerhalb des maßgeblichen Zeitraums von 01. Februar bis 31. März 1996 liege. Die Betriebsvereinbarungen vom 28. November 1995 und vom 01. Februar 1996 beinhalteten keine Änderung des Stichtags nach § 3 des Tarifvertrages.

Der Kl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge