Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Fünfpersonenhaushalt in Hessen. Angemessenheitsprüfung. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts. Erkenntnisausfall. Heranziehung der Tabellenwerte nach § 12 WoGG zuzüglich Sicherheitszuschlag. sozialgerichtliches Verfahren. Prozessfähigkeit. minderjähriges Kind. gemeinschaftliche Vertretung durch die sorgeberechtigten Eltern
Orientierungssatz
1. Zur Frage der wirksamen Vertretung eines minderjährigen Kindes im gerichtlichen Verfahren allein durch die sorgeberechtigte Mutter bei Trennung der Eltern.
2. Hat der Grundsicherungsträger von vornherein keine Bemühungen unternommen, um ein den Vorgaben des Sozialgerichts entsprechendes schlüssiges Konzept zur Höhe der in seinem Zuständigkeitsbereich als angemessen anzusehenden Unterkunftsaufwendungen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu erstellen, führt dieses Unterlassen nicht dazu, dass er die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in allen Fällen und unbegrenzt in ihrer tatsächlichen Höhe zu übernehmen hätte. Vielmehr werden die Ansprüche der Betroffenen hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für die Kaltmiete einschließlich der sogenannten kalten Nebenkosten durch die um einen zehnprozentigen Sicherheitszuschlag erhöhten Wohngeldwerte begrenzt.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Kläger zu 1. bis 3. gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. Januar 2021 wird als unzulässig verworfen, die der Kläger zu 4. und 5. als unbegründet zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat den Klägern ein Zehntel der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern zustehenden laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Bewilligungszeitraum von Dezember 2017 bis Mai 2018, insbesondere hinsichtlich der Bedarfe für ihre Unterkunft.
Die Klägerin zu 4., geboren 1976, ist die Mutter der Klägerin zu 1., geboren 2003, des Klägers zu 2., geboren 2009, des Klägers zu 3., geboren 2011, und des Klägers zu 5., geboren 1997. Die Kläger zu 1. bis 3. und 5. sind deutsche Staatsbürger, die Klägerin zu 4. türkische Staatsbürgerin. Die Klägerin zu 4. war im streitgegenständlichen Zeitraum - bei zwei unterschiedlichen Arbeitgebern - mit wechselndem Einkommen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Auf die Entgeltabrechnungen für die Monate November 2017 bis April 2018 - das Entgelt wurde jeweils nachträglich abgerechnet - wird verwiesen (Bl. 273 ff. der Leistungsakte des Beklagten - im Folgenden: LA - sowie die Zusammenstellung, LA Bl. 344). Zudem erhielt die Klägerin zu 4. Kindergeld in Höhe von monatlich 789,- Euro. Für die Kläger zu 2. und 3. wurden ab Juni 2017 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von jeweils monatlich 201,- Euro, für die Klägerin zu 1. ab Dezember 2017 monatlich 268,- Euro ausgezahlt.
Im Herbst 2016 hatte sich die Klägerin zu 4. von ihrem Ehemann, mit dem die Kläger zuvor in Bedarfsgemeinschaft Grundsicherungsleistungen erhalten hatten, getrennt; dieser zog im Oktober 2016 aus der zuvor gemeinsam bewohnten Wohnung aus. Für diese fielen nach dem Mietvertrag aus dem September 2014, geändert am 28. Januar 2015, monatlich eine Nettomiete von 900,- Euro sowie Vorauszahlungen auf die Nebenkosten (ohne Strom, Gas und Warmwassererzeugung) von 150,- Euro an; auf den Mietvertrag (Bl. 32 LA) sowie die Mietbescheinigung (LA Bl. 40) wird Bezug genommen. Die Höhe der von den Klägern unmittelbar an das Versorgungsunternehmen zu erbringenden Aufwendungen für Heizung und Warmwassererzeugung gaben diese - in Übereinstimmung mit einer entsprechenden Abrechnung der Fa. Lichtblick vom 7. Januar 2016 - im Herbst 2016 mit 83,50 Euro monatlich an.
Mit Schreiben vom 17. November 2016 forderte der Beklagte die Kläger zur Absenkung ihrer Unterkunftskosten auf. Die angemessene Kaltmiete inklusive kalter Nebenkosten belaufe sich bei fünf Personen auf 825,- Euro monatlich. Die derzeitige Miete von 1050,- Euro sei daher nicht angemessen. Die Kläger seien verpflichtet, Bemühungen zur Kostensenkung nachzuweisen. Ab dem 1. Juni 2017 würden andernfalls nur noch die angemessenen Kosten bei der Berechnung des Anspruchs zugrunde gelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 72 ff. Bezug genommen.
Für den streitigen Zeitraum beantragten die Kläger - nach vorangegangener Leistungsbewilligung bis 30. November 2017 - mit Fortzahlungsantrag vom 23. Oktober 2017 (LA Bl. 181 ff.) die Weiterbewilligung der Grundsicherungsleistungen. Mit Bescheid vom 13. November 2017 bewilligte der Beklagte ihnen daraufhin vorläufig Leistungen für die Zeit von Dezember 2017 bis Mai 2018 in Höhe von 735,- Euro für Dezember 2017 und monatlich 727,- Euro für ...