Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfeanspruch. objektive Verfügbarkeit. ausländischer Arbeitnehmer mit aufenthaltsrechtlicher Duldung. rückwirkende Anerkennung der Vertriebeneneigenschaft der Ehefrau. Arbeitserlaubnis
Orientierungssatz
1. Die nachträgliche Feststellung des Vertriebenenstatus und der Wegfall der ausländerrechtlichen Aufenthaltsbeschränkungen ist leistungsrechtlich ohne Bedeutung. Der Arbeitsvermittlung steht nur zur Verfügung, wer im geltend gemachten Leistungszeitraum aktuell eine Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt ausüben kann und darf. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn der Arbeitslose ohne Verzug eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen in der Lage ist (vgl BSG vom 29.11.1989 - 7 RAr 8/89 = SozR 4100 § 103 Nr 46).
2. Die Entscheidungen der Ausländerbehörde entfalten für die Arbeitsverwaltung Tatbestandswirkung, unabhängig davon, ob die Entscheidung der Ausländerbehörde der Sach- und Rechtslage entspricht (vgl BSG vom 15.9.1994 - 11 RAr 9/94 = DBlR 4161, AFG/§ 103).
3. Wenn der Ehefrau des Arbeitslosen aufgrund der Zugehörigkeit zum Personenkreis der Deutschen iS des Art 116 GG der bereits lang zuvor beantragte Vertriebenenausweis hätte ausgestellt werden müssen, muss die Arbeitsverwaltung sich die fehlerhafte Beurteilung nicht zurechnen lassen. Ein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung wegen einer besonderen Härte gem § 1 Abs 2 ArGV kommt nicht in Betracht.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch darum, ob dem Kläger auch für die Zeit vom 20. Oktober 2000 bis zum 24. Januar 2001 Arbeitslosenhilfe zusteht.
Der Kläger reiste als Spätaussiedler am 18. März 1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Bescheid vom 4. März 1993 wurde seitens des Landkreises F als Ausländerbehörde eine Anerkennung als Vertriebener abgelehnt. Der Kläger befand sich indes im Besitz einer vom Ausländeramt ausgestellten Duldung, in der die Abschiebung ausgesetzt und eine Arbeitsaufnahme mit Arbeitserlaubnis gestattet war. Die Duldung wurde jeweils vierteljährlich verlängert. Der Kläger bezog - mit Unterbrechungen - ab September 1994 Arbeitslosengeld und ab Oktober 1997 Anschlussarbeitslosenhilfe (Alhi). Unter dem 22. Juli 1999 teilte der Landkreis F mit, dass die Ablehnung des Klägers als Vertriebener seit dem 10. Juli 1999 rechtskräftig sei. Die Beklagte bewilligte gleichwohl mit Bescheid vom 25. September 2000 für die Zeit vom 8. Oktober 2000 bis zum 7. Oktober 2001 Alhi. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2000 hob sie dann die Bewilligung der Alhi mit Wirkung ab 13. Oktober 2000 auf und führte zur Begründung aus, der Arbeitsmarkt sei für den Kläger verschlossen.
Dem widersprach der Kläger am 23. Oktober 2000 und berief sich zur Begründung auf den Alhi-bewilligenden Bescheid. Er habe beim Antrag auf Fortzahlung der Alhi auf die Duldung hingewiesen und sei vom Arbeitsamt dahingehend informiert worden, dass er weiterhin Arbeitslosenhilfe erhalte.
Mit Bescheid vom 26. Januar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger, dessen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland lediglich geduldet sei, könne eine Arbeitserlaubnis nur unter Beachtung des Vorrangs der Deutschen und gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer, die einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis hätten, erhalten. Der deutsche Arbeitsmarkt sei ihm verschlossen, da sich auf dem ihm nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft zugänglichen Arbeitsmarkt keine Beschäftigung finden lasse, für die ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt werden könne. Der Kläger habe in der Bundesrepublik Deutschland bisher Helfertätigkeiten im Zimmerer-, Bau- und Baunebengewerbe sowie als Lagerarbeiter ausgeübt und suche auch solche Tätigkeiten. Für Helfertätigkeiten auch anderer Art stünden dem Arbeitsamt eine Vielzahl arbeitsloser Arbeitnehmer zur Verfügung, die keine Arbeitserlaubnis benötigten oder einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis hätten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne die Feststellung, dass der deutsche Arbeitsmarkt einem arbeitserlaubnispflichtigen Arbeitnehmer verschlossen sei, erst nach längeren erfolglosen Vermittlungsbemühungen (Prüffrist) getroffen werden. Diese Prüffrist betrage mindestens ein Jahr. Sie beginne mit dem Tag, an dem die Arbeitslosmeldung wirksam geworden sei. Für den Kläger habe die Prüffrist am 13. Oktober 1999 begonnen. Ab 13. Oktober 2000 seien somit die Voraussetzungen wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes nicht mehr erfüllt gewesen.
Hiergegen richtete sich die am 22. Februar 2001 bei dem Sozialgericht Fulda (SG) erhobene Klage. Der Kläger trug vor, er sei kein Ausländer, sondern Deutscher im Sinne des Art. 116 Grundgesetz (GG), so dass die Aufhebung der Bewilligung der Alhi rechtswidrig sei.
Das SG hat die Ausländerakte des Klägers beigezogen. Danach hatte das Verwaltungsgericht Kassel durch Urteil vom 26. Mai 1999 den Antrag der Ehefrau des Klägers, das Ausländeramt des La...