Rz. 100
Bei der Schaffung einer GmbH & Co. KG-Firma können die das Firmenrecht beherrschenden Grundsätze, wie die der Firmenidentität, der Firmenwahrheit, der Firmenklarheit und der Unterscheidbarkeit, in Widerstreit geraten.
Rz. 101
Wenn die Komplementär-GmbH eine Sachfirma führt oder auch nur einen Sachfirmenbestandteil in ihrer Firma hat, die bzw. der dem Unternehmensgegenstand des Unternehmens der GmbH entlehnt ist, dann enthält die KG-Firma durch die vollständige Übernahme der GmbH-Firma Bestandteile, die unter Umständen geeignet sind, den Geschäftsverkehr über ihren Unternehmensgegenstand zu täuschen, § 18 Abs. 2 HGB.
Verstoß gegen die Firmenwahrheit
Die GmbH betreibt einen Fahrradhandel und firmiert mit "Müller Fahrradladen GmbH". Sie wird Komplementärin einer KG, die Motorräder produziert. Bei völliger Übernahme der GmbH-Firma lautet die KG-Firma "Müller Fahrradladen GmbH & Co. KG". Hier liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit vor. Die Täuschungseignung kann grundsätzlich nicht durch Weglassen von Bestandteilen der GmbH beseitigt werden (Grundsatz der Firmenidentität). Eine Firmierung mit Müller GmbH & Co. KG ist folglich unzulässig.
Ebenfalls unzulässig ist es in diesem Fall, den Unternehmensgegenstand der KG zusätzlich in die Firma der KG aufzunehmen. Eine Motorrad-Fabrik "Müller Fahrradladen GmbH & Co. KG Motorradfabrik" trägt zur Verwirrung des Geschäftsverkehrs bei und verstößt somit gegen den Grundsatz der Firmenklarheit.
Rz. 102
Gemäß § 30 Abs. 1 HGB muss sich jede neue Firma von allen an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Handelsregister oder in das Genossenschaftsregister eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden (Grundsatz der Unterscheidbarkeit). Nach der Rechtsprechung des BGH gilt dies auch für die Firmen der GmbH & Co. KG und ihrer Komplementär-GmbH. Die Firma der KG muss sich also auch von derjenigen ihrer persönlich haftenden GmbH-Gesellschafterin deutlich unterscheiden. Um eine Unterscheidbarkeit zwischen GmbH und GmbH & Co. KG zu erreichen, können in die Firma der GmbH & Co. KG weitere Bestandteile aufgenommen werden, wie auf den Gegenstand des Unternehmens hinweisende Zusätze, Phantasieworte oder lokalisierende Bezeichnungen.
Phantasiefirma
"Maier & Wolf GmbH" und "MAWO Maier & Wolf GmbH & Co. KG".
Rz. 103
Gesellschaftszusätze allein reichen nicht für eine Unterscheidbarkeit i. S. d. § 30 HGB.
Unterscheidbarkeit der Firma
"X-Industriebedarfs GmbH" und "X-Industriebedarfs GmbH & Co. KG Handelsgesellschaft". Der hier bei der Firma der KG gewählte Zusatz "Handelsgesellschaft" genügt nicht zur deutlichen Unterscheidung von der Komplementär-GmbH.
Rz. 104
Angesichts der hier angesprochenen Probleme bei der Firmierung einer GmbH & Co. KG ist der bereits weiter oben angeführte Beschluss des BGH vom 16.3.1981 von großer Bedeutung. In dieser Entscheidung weist der BGH der Praxis einen Weg, bei Neugründung einer Komplementär-GmbH den Grundsätzen der Firmenidentität und der Unterscheidbarkeit Genüge zu tun, ohne dabei gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit zu verstoßen. Nach dem BGH können Bestandteile, wie "Verwaltungs-", "Betriebs-" oder "Geschäftsführungs-" (GmbH) einer GmbH-Firma in der Firma der KG weggelassen werden, wenn es sich bei den übrigen übernommenen Bestandteilen um die wesentlichen und unterscheidungskräftigsten Teile der Firma handelt und diese gemäß § 4 GmbHG auch allein als Firma zulässig wären.
Keine Täuschung des Rechtsverkehrs
"S-Verwaltungs-GmbH": zulässige GmbH & Co. KG-Firma: "S-GmbH & Co. KG". Hier besteht keine Möglichkeit der Täuschung des Rechtsverkehrs durch die Firma der KG gemäß § 18 Abs. 2 HGB. Die Firma der KG unterscheidet sich von der Firma der GmbH i. S. d. § 30 HGB und genügt nach der Rechtsprechung unter oben genannten Voraussetzungen auch dem Grundsatz der Firmenidentität.
Rz. 105
Soll eine bereits bestehende GmbH Komplementärin werden, ist gegebenenfalls unter Beachtung der genannten firmenrechtlichen Grundsätze eine Umfirmierung erforderlich.