Normenkette

§ 5 Abs. 4 WEG, § 10 Abs. 1 WEG, § 10 Abs. 1 WEG, § 10 Abs. 2 WEG, § 10 Abs. 3 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 3 WEG, § 134 BGB, § 138 BGB, § 315 BGB

 

Kommentar

1. Der BGH hat entgegen der Meinung des vorlegenden KG Berlin ( KG Berlin, Beschluss v. 18. 8. 1993, Az.: 24 W 7292/92 mit bereits kritischer Anmerkung meinerseits) nunmehr entschieden, dass die (i.Ü. in der Praxis sehr häufige) durch Teilungserklärung getroffene Bestimmung, wonach auch der Erwerber einer Eigentumswohnung für Wohngeldrückstände des Voreigentümers haftet, grundsätzlich wirksam ist. Damit folgt der BGH auch den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Köln und Frankfurt.

2. Gesetzlich ist ein Haftungsübergang für gegen den Rechtsvorgänger fällig gestellte rückständige, im Verhältnis der Wohnungseigentümer begründete Verbindlichkeiten nicht vorgesehen (überwiegende Rechtsmeinung). Allerdings kann in einer Gemeinschaftsordnung vereinbart werden, dass ein Erwerber Wohngeldrückstände übernehmen müsse. Einer solchen Regelung ist jedenfalls im Wege der Auslegung eine unmittelbare Haftung eines Erwerbers zu entnehmen; mit dem Erwerb soll damit ein Haftungseintritt verbunden sein. Wie schon im Beschluss vom 22. 1. 1987 (BGHZ 99, 358, 361) angesprochen, kann auch in der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung bestimmt werden, dass der rechtsgeschäftliche Sondernachfolger für die Rückstände des früheren Eigentümers einzustehen habe. Durch die Festlegung einer Haftung in der eingetragenen Gemeinschaftsordnung wird der Inhalt des Sondereigentums ausgestaltet ( § 5 Abs. 4 WEG); diese sachenrechtliche Gestaltung der Sondernachfolge durch Verknüpfung mit dem Sondereigentum führt zwar nicht dazu, dass die Haftung des Erwerbers als ein selbstständiges vom Wohnungseigentum losgelöstes dingliches Recht zu betrachten ist und die Ansprüche auf dem Wohnungseigentum lasten. Dennoch hat die Aufnahme der Haftungsanordnung in die Ausgestaltung des Sondereigentums dingliche Wirkung insoweit, als die Haftung unmittelbar durch den Erwerb des Sondereigentums ausgelöst wird, ohne dass es einer schuldrechtlichen Übernahme bedürfte. Die so erzeugte "Verdinglichung" der Wohnlasten hat eine persönliche Haftung des Sondernachfolgers mit seinem ganzen Vermögen zur Folge.

Richtig ist, dass keine wirksamen Vereinbarungen getroffen werden können, in denen von zwingenden Bestimmungen des WEG abgewichen wird, die gegen Treu und Glauben verstoßen oder die Schranken der §§ 138, 134, 315 BGB überschreiten. Die mit dem Typenzwang des Sachenrechts nur allgemein charakterisierte Begrenzung rechtsgeschäftlicher Gestaltungsbefugnis wirkt aber nicht, soweit gesetzliche Regelungen positive Gestaltungsmöglichkeiten einräumen. Insoweit eröffnet das WEG die Möglichkeit, gem. §§ 5 Abs. 4 und 10 Abs. 2 WEG den Inhalt des (Sonder-)eigentums verbindlich zu gestalten. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für diese Möglichkeit entschieden. Diese Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentümer über den Inhalt des Sondereigentums stellt i.Ü. auch keinen Fremdkörper im Sachenrecht dar (vgl. z.B. § 2 ErbbauVO oder § 1010 BGB zum Bruchteilseigentümerrecht. Mit der Aufnahme einer Haftungsklausel, wie hier für Wohngeldrückstände, wird nicht unmittelbar die Verpflichtung des rechtsgeschäftlichen Erwerbers begründet, sondern dies erfordert zusätzlich den willentlichen Erwerb des Wohnungseigentums, zu dessen Inhalt die dinglich wirkende Vereinbarung zählt. Die Wirkung gemeinschaftsbezogener Regelungen gegen den Sondernachfolger ist in § 10 Abs. 2 und 3 WEG vorgesehen und damit die Zulässigkeit (rechtsgeschäftlicher) Belastung künftiger Wohnungseigentümer vorausgesetzt. Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots eines Vertrages zu Lasten Dritter vor, da es nicht um die - unzulässige - Begründung einer schuldrechtlichen Pflicht eines Dritten geht, wie sie mit dieser Rechtsfigur umschrieben wird. Grundpfandgläubiger haben i.Ü. nur das Recht zur Befriedigung durch Zwangsvollstreckung in das Grundbuch. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gegen eine verdinglichte, unbegrenzte Haftung für Wohngeldrückstände und mangelnde Verkehrsfähigkeit eines hochbelasteten Wohnungseigentums und damit eine "Aushöhlung" ist nicht zu erkennen, da selbst solche praktischen Probleme zwar die Zweckmäßigkeit einer solchen Regelung im Einzelfall in Frage stellen könnten, nicht aber deren rechtliche Zulässigkeit. Das Interesse des Wohnungseigentümers verdiene i.Ü. keinen Schutz, da die Belastung auf seinem gemeinschaftswidrigen Verhalten (Nichtzahlung des fälligen Wohngeldes) beruhe. Den Wohnungseigentümern hingegen, die Interesse haben könnten, dass ein Wechsel im Wohnungseigentum ermöglicht werde, sei es i.Ü. unbenommen, die Verkehrsfähigkeit individuell durch Freistellung des Erwerbsinteressenten von der Haftung wiederherzustellen, um nicht weitere Nachteile durch den Nichtzahler zu erleiden; letztlich sei mangels Gültigkeit einer Haftungsklausel für den Fall der Zwangsversteig...

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