Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Die Kündigung in der Insolvenz bleibt möglich, weil die Kündigungsbefugnis mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter übergeht. Die Insolvenz allein ist kein Grund zur betriebsbedingten oder außerordentlichen Kündigung der Arbeitsverhältnisse. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt auch in der Insolvenz. Gemäß § 113 InsO können Arbeitsverhältnisse vom Insolvenzverwalter und vom Arbeitnehmer mit einer (Mindestkündigungs-)Frist von 3 Monaten zum Monatsende schriftlich gekündigt werden, sofern nicht für das Arbeitsverhältnis außerhalb der Insolvenz eine kürzere Frist gilt. § 113 InsO findet auch im Verfahren der Eigenverwaltung durch den Arbeitgeber Anwendung. Eine Zustimmung des Sachwalters ist nur in den Fällen des § 279 Satz 3 InsO erforderlich, in denen in die Rechtsstellung einer Vielzahl von Arbeitnehmern eingegriffen wird. § 113 Satz 1 verdrängt auch einen tarifvertraglich festgelegten Sonderkündigungsschutz.
Eine Kündigung nach § 113 InsO mit verkürzter Frist kommt auch schon vor Antritt des Arbeitsverhältnisses in Betracht.
Die verkürzte Kündigungsfrist gemäß § 113 InsO gilt auch für Änderungskündigungen. Eine Kündigungsschutzklage ist innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung ausschließlich gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Kündigungsschutzklage gegen den Schuldner zu richten, wenn dieser eine selbstständige Tätigkeit ausübt und der Insolvenzverwalter das Vermögen aus dieser Tätigkeit gemäß § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Mit Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner fällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse ohne gesonderte Kündigung von dem Insolvenzverwalter an den Schuldner zurück. Die Frist gilt, abweichend von § 4 KSchG, ohne Rücksicht auf den Geltungsbereich des KSchG, also auch in Kleinbetrieben. Sie erfasst die Geltendmachung aller Kündigungsgründe i. S. d. § 13 KSchG, wenn sich die Unwirksamkeit der Kündigung also auf andere als die in § 1 Abs. 2, 3 KSchG bezeichneten Gründe stützt (Nichtanhörung des Betriebsrats, Formmängel der Kündigung, Kündigung mit falscher Kündigungsfrist, Fehlen der Zustimmung des Integrationsamts bei Schwerbehinderten). Die Geltendmachung der Sozialwidrigkeit folgt weiterhin den §§ 4–7 KSchG. Zu beachten ist die analoge Anwendung des § 4 Satz 4 und § 5 KSchG, der nachträglichen Klagezulassung.
Der Insolvenzverwalter hat bei Kündigungen zudem die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats zu beachten. Die Vorschriften über den Massenentlassungsschutz gelten auch für den Insolvenzverwalter. Bei älteren Arbeitnehmern sind bei der Kündigung durch den Insolvenzverwalter die verlängerten Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 BGB zu beachten, soweit sie 3 Monate nicht übersteigen. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt von der Insolvenz unberührt. Befristete Arbeitsverhältnisse können mit der Frist des § 113 InsO ordentlich gekündigt werden.