Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Gemäß § 122 InsO kann der Insolvenzverwalter die Zustimmung des Arbeitsgerichts zur Durchführung der Betriebsänderung einholen, ohne das Verfahren nach § 112 Abs. 2 BetrVG zu durchlaufen. Erteilt das Arbeitsgericht nach § 122 InsO die Zustimmung zur Betriebsänderung, so findet § 113 Abs. 3 BetrVG keine Anwendung. Die Nachteilsausgleichsansprüche der Arbeitnehmer werden ausgeschlossen.
Zur Feststellung der sozialen Rechtfertigung stehen im Insolvenzverfahren bei geplanten Betriebsänderungen 2 Verfahren zur Verfügung. Vorrangig ist sie in einem Interessenausgleich zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat festzustellen. Kommt es aber nicht zum Abschluss des Interessenausgleichs, so erfolgt die Feststellung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren.
Eine geplante Betriebsänderung in der Insolvenz führt gemäß § 125 InsO zu weiteren Kündigungserleichterungen durch eine Modifikation des § 1 KSchG. Die Betriebsänderung muss nicht durchgeführt werden. Regelmäßig wird es sich um eine Teilbetriebsänderung handeln, da bei einer Betriebsstilllegung die Sozialauswahl entfällt. Die Regelung erfasst auch Änderungskündigungen. Ein zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat nach den Voraussetzungen der §§ 111 f. BetrVG geschlossener Interessenausgleich, der die infolge einer Betriebsänderung zu entlassenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnet, begründet nach § 125 InsO die widerlegbare Vermutung, dass die Kündigungen durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sind. Erforderlich ist die eindeutige namentliche Nennung der Arbeitnehmer, die Angabe der Kündigungsart, der Kriterien nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2 InsO sowie die Erwägungen zur Sozialauswahl. Die soziale Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer kann in einem anschließenden Kündigungsschutzprozess nur auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden. Die Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 InsO verneint eine solche Fehlerhaftigkeit auch, wenn durch die Maßnahmen die Personalstruktur erhalten oder sogar verbessert wird. Auch wenn der Betrieb keinen Betriebsrat hat oder ein Interessenausgleich wegen einer Betriebsänderung nicht innerhalb von 3 Wochen zustande kommt, kann der Insolvenzverwalter nach § 126 InsO in einem Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht beantragen festzustellen, dass die Kündigung bestimmter, im Antrag bezeichneter Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse sozial gerechtfertigt ist. Wenn der Insolvenzverwalter einem in seinem Antrag beim Arbeitsgericht namentlich benannten Arbeitnehmer kündigt und der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt, ist nach § 127 Abs. 1 InsO die Entscheidung im Beschlussverfahren bindend, es sei denn, die Sachlage ändert sich nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung wesentlich. Nach § 128 Abs. 1 InsO finden die §§ 125–127 InsO auch dann Anwendung, wenn die Kündigung erst nach einer Betriebsveräußerung vorgenommen wird. Der Insolvenzverwalter kann schon vor der Betriebsveräußerung die Kündigungen erklären und deren Wirksamkeit im Interessenausgleich oder Beschlussverfahren feststellen lassen. Bei einem Betriebsübergang erstrecken sich die Vermutung nach § 125 InsO und die Bindungswirkung des Beschlussverfahrens nach § 127 Abs. 2 InsO auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgte und damit nach § 613a Abs. 4 BGB unzulässig wäre.