Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Installierung einer 0,8 qm großen Photovoltaik-Anlage (Solaranlage) auf dem Flachdach einer Garage vorliegend nicht nachteilig und damit von den restlichen Eigentümern duldungspflichtig
Normenkette
(§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG)
Kommentar
1. Ein Eigentümer hatte auf dem Flachdach seiner Garage eine etwa 0.8 qm große Photovoltaik-Anlage mit einem Neigungswinkel von etwa 15 Grad installiert; hiergegen hatte sich die Gemeinschaft mehrheitlich ausgesprochen.
2. Entgegen der landgerichtlichen Entscheidung (nicht völlig unerheblicher Eingriff im Bereich des gemeinschaftlichen Dachs der Garage und der Außenmauer unter Berücksichtigung auch bauphysikalischer Grundsätze) entschied der Senat, dass die Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum nicht so gravierend seien, dass von einer Duldungsverneinung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG gesprochen werden könne. Optisch nachteilige Veränderungen wurden bereits in den Vorinstanzen anhand in den Akten befindlicher Lichtbilder ausgeschlossen (auch eine behauptete Blendwirkung).
Auch die Befestigung der Anlage auf dem Dach und die Zuführung eines Kabels durch die Außenwand der Garage in das Dach und die Außenwand mit fingerdicker Bohrung durch die Außenwand sowie Bohrungen zur Befestigung der Anlage auf dem Dach seien duldungspflichtig und könnten so vorgenommen werden, dass ein Schaden am Gemeinschaftseigentum, insbesondere durch Eindringen von Feuchtigkeit, ausgeschlossen sei; dabei sei von besonderer Bedeutung, dass es sich bei dem Flachdach der Garage um ein einfach aufgebautes Flachdach gehandelt habe. Nach unbestrittenem Vortrag des betreffenden Antragstellers sei die Anlage auch nach vorheriger Abstimmung mit dem die Dachabdichtung der Garagen ausführenden Unternehmen vorgenommen worden. Auch das Durchbohren im Gegensatz zu einem nur Anbohren führe hier zu keinen weitergehenden Beeinträchtigungen. Insoweit habe es sich auch nicht um "Durchbrüche durch gemeinschaftliche Mauern" im Sinne der getroffenen Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung gehandelt, für die Zustimmung des Verwalters vereinbart war. Zusätzlich sei in diesem Zusammenhang gemäß Vereinbarung die Verwalterzustimmung nur dann zu erteilen, wenn ein Sachverständiger festgestellt habe, dass die Stabilität des Gebäudes nicht gefährdet werde. Auch die weitere Vereinbarung, dass im Gemeinschaftseigentum stehende Räume des Gebäudes und des Grundstücks nicht eigenmächtig verändert werden dürften, erstrecke sich nicht auf bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, die ohnehin keiner Zustimmung der übrigen Eigentümer – wie hier – bedürften.
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in jedem Rechtszug bei Geschäftswert in II. und III. Instanz von DM 2.000,-.
Link zur Entscheidung
(BayObLG, Beschluss vom 17.10.2001, 2Z BR 147/01)
Anmerkung:
Bei ähnlichen, geringfügigen Eingriffen in die Bauwerksubstanz des Gemeinschaftseigentums gibt es allerdings auch "strengere" Entscheidungen der Obergerichte und auch des BayObLG aus früherer Zeit. In manchen Fällen wurden Duldungspflichten verneint schon aus Gründen eines zukünftigen Gefährdungs-Risikos selbst bei derzeit korrekter, baufachlich bestätigter Ausführung solcher oder ähnlicher Eingriffsmaßnahmen. Wenn überdies hier in der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich vereinbart war, dass Gemeinschaftseigentum ("Räume") überhaupt nicht eigenmächtig verändert werden dürften, verwundert mich zumindest die hier sehr "großzügige" Gestattung mit bejahter Duldungspflicht der restlichen Eigentümer, ohne weitergehende Vorbehalte (z.B. Folgekostenhaftung, Sicherheitsleistung usw.) angesprochen zu haben; das Entscheidungsergebnis zu "fingerdicken" Durchbohrungen gemeinschaftlicher Wände oder Decken (nach vorheriger Absicherung durch Auskünfte eines Fachunternehmens) für Kabelleitungsführungen in Wertung der Grundsätze des § 14 WEG erscheint mir ebenfalls sehr "großzügig", dürfte allerdings allgemein begrüßt werden.