Leitsatz
Die Mutter dreier in den Jahren 2003, 2004 und 2007 geborener minderjähriger Kinder war durch vollstreckbare Rückführungsanordnung des FamG vom 9.10.2008 nach Maßgabe des ihre Beschwerde zurückweisenden Beschlusses des OLG vom 31.10.2010 verpflichtet, die Kinder dem Vater zum Zwecke der Rückführung nach Thailand herauszugeben. Der Beschluss war rechtskräftig und ohne Vollstreckungsklausel vollstreckbar.
Der Vater begehrte die Vollstreckung, der sich die Mutter widersetzte. Sie beantragte eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Hinblick auf die unsichere politische Situation in Thailand. Hilfsweise beantragte sie die weitere Aussetzung der Vollstreckung der Rückführungsentscheidung.
Der Antrag der Kindesmutter auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde als unbegründet zurückgewiesen. Dem Hilfsantrag der Kindesmutter auf Aussetzung der Vollstreckung der Rückführungsentscheidung wurde stattgegeben.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt den Wiederaufnahmeantrag für zulässig, obgleich ein Wiederaufnahmeverfahren dem FGG unbekannt sei. Es seien jedoch die Vorschriften der ZPO entsprechend anzuwenden.
Der Wiederaufnahmeantrag der Mutter sei jedoch unbegründet.
Wiederaufnahmegründe ergäben sich auch bei Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit aus §§ 579, 580 ZPO. Die Kindesmutter berufe sich auf das Vorliegen einer Urkunde und meine damit offenbar das Schreiben der Deutschen Botschaft in Bangkok vom 15.12.2008 an das OLG. Dabei verkenne sie, dass es sich hierbei nicht um eine Urkunde i.S.d. § 415 ZPO handele, was für die Anwendung von § 580 Nr. 7b ZPO Voraussetzung wäre.
Soweit die Kindesmutter sich darauf berufe, dass dieses Schreiben eine Begutachtung darstelle, rechtfertige auch dies die Anwendung des § 580 ZPO nicht. Bei dem genannten Schreiben handele es sich unzweifelhaft nicht um ein Gutachten oder eine gutachterliche Äußerung.
Der Wiederaufnahmeantrag sei daher kostenpflichtig zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Vollstreckung der Rückführung vertrat das OLG die Auffassung, die behaupteten unzureichenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kindesvaters ständen einer Vollstreckung nicht entgegen, da insoweit eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls nicht zu befürchten sei.
Einen tatsächlichen Hinderungsgrund zur Befolgung der Rückgabeverpflichtung sah das OLG allerdings in den aktuellen politischen Verhältnissen in Thailand.
Der Senat habe mit Verfügung vom 3.12.2008 angesichts der aktuellen politischen Lage in Thailand vorläufig die Vollstreckung der Rückführungsentscheidung ausgesetzt. In den Tagen zuvor sei der Flughafen in Bangkok besetzt worden, der Flugbetrieb eingestellt worden. Das Auswärtige Amt habe in den Reise- und Sicherheitshinweisen darauf hingewiesen, dass die innenpolitische Krise nicht beigelegt sei. Im Anschluss habe der Senat daher mit Verfügung vom 17.12.2008 darauf hingewiesen, dass angesichts der von der Deutschen Botschaft in Bangkok geschilderten politischen Lage die Vollstreckung weiterhin ausgesetzt werde. Nach Überzeugung des Senats bestehe dieses Vollstreckungshindernis fort, weshalb der Vollstreckungsantrag abschließend zu bescheiden sei.
Seit dem 18.12.2008 gäben die aktuellen Hinweise des Auswärtigen Amtes und Sicherheitshinweise weiterhin deutlichen Anlass dafür, davon auszugehen, dass sich trotz der Entspannung der politischen Lage die Sicherheitslage in Thailand nicht so wesentlich verändert und verbessert habe, dass nunmehr gerade im Hinblick auf das Wohl der Kinder eine Rückkehr nach Thailand verantwortet werden könne. Das Wohl der Kinder gebiete es, von der Vollstreckung der Rückführung weiterhin abzusehen. Die veränderte, instabile und nicht sicher vorhersehbare politische Lage des Landes sei auch nach den allgemein zugänglichen Presseberichten bekannt. Dies spiegele sich in den allgemeinen Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes nieder.
Unter diesen Umständen könne der Rückführungsanspruch des Vaters nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Die Vollstreckung sei daher abzulehnen.
Hinweis
Ebenfalls zum Aktenzeichen 17 UF 234/08 des OLG Stuttgart war am 31.10.2008 ein Beschluss ergangen, wonach die sofortige Beschwerde der Kindesmutter zurückgewiesen wurde, mit der sie gegen den erstinstanzlichen Beschluss vorgegangen war, durch den das AG dem Antrag des Kindesvaters auf Rückführung der Kinder nach Thailand stattgegeben hatte. Das AG hatte die Herausgabe der Kinder angeordnet und weitere Bestimmungen zur Vollstreckung seines Beschlusses getroffen. Die hiergegen von der Kindesmutter eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg (vgl. Entscheidung zu HI2147861).
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.01.2009, 17 UF 234/08