Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
Rz. 323
Im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer gibt es zwischen Deutschland und Italien kein Doppelbesteuerungsabkommen. Gerade bei Wegzug des Erblassers oder Schenkers aus Deutschland nach Italien besteht wegen der Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 b) ErbStG (persönliche Steuerpflicht für deutsche Staatsangehörige auch binnen fünf Jahren nach Wegzug) die Gefahr einer doppelten unbeschränkten Steuerpflicht.
Rz. 324
Eine Doppelbesteuerung wird aufgrund der Vergleichbarkeit der Steuern nur durch das Verfahren der Anrechnung gemildert. Für die italienische Erbschaftsteuer können ausländische Erbschaftsteuern, die auf im Ausland belegene Vermögensgegenstände erhoben wurden, angerechnet werden. Die Anrechnung ist jedoch nur bis zur Höhe der entsprechenden italienischen Erbschaftsteuer möglich. Gleiches gilt umgekehrt nach § 21 dt. ErbStG, da die italienische Erbschaftsteuer der deutschen vergleichbar ist; eine Anrechnung der Hypotheken- und Katastersteuer ist wegen deren Gebührencharakters jedoch nicht möglich. Probleme wirft auch die enge Auslegung des Begriffs "Auslandsvermögen" auf, da danach zwar die auf in Italien belegenem Grundbesitz gezahlte Erbschaftsteuer, nicht aber z.B. die auf bei italienischen Banken vorhandenen Kontoguthaben und Wertpapierdepots gezahlte Erbschaftsteuer angerechnet wird.
Rz. 325
Im Gegensatz zum deutschen Recht ist für die Begründung der Steuerpflicht in Italien einzig die Person des Erblassers maßgebend. Auf die Verhältnisse der Erben bzw. Vermächtnisnehmer kommt es nicht an. Eine unbeschränkte Steuerpflicht, die alle Vermögensgegenstände erfasst – unabhängig davon, ob sich diese im Inland oder Ausland befinden –, besteht, wenn der Erblasser zuletzt in Italien ansässig war. Unter dem im ErbStG nicht definierten Begriff der Ansässigkeit ist nach h.L. entsprechend Art. 43 Abs. 2 c.c. der Wohnsitz als Ort des gewöhnlichen Aufenthalts zu verstehen (Mittelpunkt der familiären und gesellschaftlichen Beziehungen).
Rz. 326
Nach Art. 55 Abs. 1 bis Ges. 346/90 unterliegen nach h.L. auch im Ausland erfolgte Schenkungen an in Italien ansässige Begünstigte der italienischen Schenkungsteuer, auch wenn der Schenker nicht in Italien ansässig ist bzw. die Vermögensgegenstände sich nicht in Italien befinden.
Rz. 327
Fehlt es an einer unbeschränkten Steuerpflicht, weil der Erblasser nicht in Italien ansässig war, sind nur die im Zeitpunkt des Todes in Italien befindliche Vermögensgegenstände steuerpflichtig (beschränkte Steuerpflicht). In Art. 2 Abs. 3 Ges. 346/90 ist eine gesetzliche Vermutung enthalten, nach der z.B. folgende Vermögensgegenstände immer in Italien belegen sind:
▪ |
Güter, die in öffentlichen Registern eingetragen sind (Immobilien, Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge), auch wenn ein dingliches Recht dafür besteht; |
▪ |
Aktien und Anteile von Gesellschaften sowie Anteile an Körperschaften, die keine Gesellschaften sind, die in Italien entweder den Firmen- oder Verwaltungssitz haben bzw. ihre Haupttätigkeit ausüben; |
▪ |
Schuldverschreibungen und andere Wertpapiere, die keine Aktien sind, wenn diese vom Staat oder bestimmten Gesellschaften und Körperschaften emittiert wurden; |
▪ |
Guthaben, Wechsel, Schecks, falls der Schuldner oder Emittent in Italien ansässig ist. |