1 Leitsatz
Ein Beschluss über die Einzelabrechnung ist nichtig, wenn diese lediglich die tatsächlichen Zahlungen berücksichtigt, da dann bezüglich der Zahlungsrückstände eine weitere Schuld neben dem Anspruch aus dem Wirtschaftsplan begründet wird. Eine Teilaufrechterhaltung als Beschluss über die Abrechnungsspitze ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn sich aus der Abrechnung keine Anhaltspunkte bezüglich der Sollvorauszahlungen ergeben.
2 Normenkette
§ 28 Abs. 5 WEG a. F.
3 Das Problem
Das AG erklärt den Beschluss über die Abrechnung 2016 in Bezug auf die Position "Rechts- und Beratungskosten" für ungültig. Mit der Berufung verfolgt der Kläger das Ziel, den gesamten Beschluss, mit dem die Jahresabrechnung genehmigt wurde, für ungültig erklären zu lassen.
4 Die Entscheidung
Die Berufung hat teilweise Erfolg! Der Beschluss über die Jahresabrechnung 2016 sei in Bezug auf die Einzelabrechnungen nichtig. Im Übrigen sei er nicht zu beanstanden. Eine Beschlusskompetenz bestehe im Rahmen von § 28 WEG im Rahmen der Einzelabrechnung nur für einen Beschluss über die Abrechnungsspitze – also den Nachzahlungsbetrag der Ist-Ausgaben über die Sollvorauszahlungen. Insofern werde durch Beschlussfassung über die Jahresabrechnung nur hinsichtlich der Abrechnungsspitze eine neue Schuld begründet. Durch die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung werde insbesondere keine neue Anspruchsgrundlage hinsichtlich etwaiger Hausgeldrückstände begründet. Insofern fehle eine Beschlusskompetenz. Etwaige Beschlüsse, die eine derartige Schuld erneut begründen wollten, seien nichtig. Dies sei hier der Fall. Es bestehe nämlich die Besonderheit, dass die Jahresabrechnung ausdrücklich als Ergebnis ein "Guthaben/Fehlbetrag" vorsehe. Diese habe sich aus der Summe der im Abrechnungszeitraum angefallenen tatsächlichen Ausgaben und der geleisteten Zahlungen bezeichnet. Teilbar und davon nicht betroffen sei die Gesamtabrechnung und die Abrechnung über die Instandhaltungsrückstellung.
Hinweis
- Es ist eine Entscheidung zum alten Recht. Im neuem Recht ist alles anders – fast. Die Wohnungseigentümer beschließen jetzt nicht mehr über die Jahresabrechnung, sondern über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Das eine sind die Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümer. Das andere sich die Forderungen der Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dass es nicht "Guthaben" heißt, hat seinen Grund darin, dass der Gesetzgeber "fiktive Guthaben" verhindern wollte, die aufgrund von Soll-Vorschüssen aber möglich sind.
- Sollten die Nachschüsse im neuem Recht auch die offenen Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus den Vorschüssen enthalten, würde das Gleiche gelten wie bislang: Der Beschluss wäre teilnichtig!
5 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Urteil v. 29.10.2020, 2-13 S 57/19