0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Diese Vorschrift ist mit der Einführung des SGB IV durch Gesetz v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) erlassen worden und am 1.7.1977 in Kraft getreten.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Regelung gilt nur für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (= Krankenkassen) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (= Berufsgenossenschaften und Gemeinde-Unfallversicherungsträger), weil die Beitragssätze für die soziale Pflegeversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung und die für die Arbeitsförderung durch gesetzliche Bestimmungen festgesetzt werden. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung wird der allgemeine Beitragssatz vom Bundesgesetzgeber bestimmt (§ 241 SGB V, derzeit 14,6 %). Durch Satzung können die Krankenkassen lediglich einen kassenindividuellen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag bestimmen, soweit ihr Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt ist (§ 242 SGB V).
Nach dem Beschluss des BVerfG v. 7.4.2022 (1 BvR 717/16, 1 BvR 2257/16, 1 BvR 2824/17) führt die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung von Eltern in der sozialen Pflegeversicherung zu einer verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Eine Umsetzung ist durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) v. 19.6.2023 (BGBl. I Nr. 155) erfolgt.
2 Rechtspraxis
2.1 Aufbringung der Mittel
2.1.1 Aufbringung der Mittel für gesetzliche Krankenkassen
Rz. 3
Die Mittel der Krankenversicherung werden seit dem 1.1.2009 nach § 220 SGB V durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht. Die Beiträge sind bei der erstmaligen Festsetzung des allgemeinen Beitragssatzes durch die Bundesregierung so zu bemessen, dass die voraussichtlichen Beitragseinnahmen zusammen mit der Beteiligung des Bundes und den voraussichtlichen sonstigen Einnahmen des Gesundheitsfonds die voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen sowie den vorgeschriebenen Aufbau der Liquiditätsreserve für den Gesundheitsfonds decken.
Rz. 4
Die Krankenkasse kann Mittel aus der Rücklage den Betriebsmitteln zuführen, wenn Einnahme- und Ausgabenschwankungen innerhalb eines Haushalsjahres nicht durch Betriebsmittel ausgeglichen werden können. Die Krankenkassen haben daher nach § 261 SGB V u. a. zur Sicherstellung ihrer Leistungsfähigkeit eine Rücklage zu bilden.
Rz. 5
Bis zum 31.12.2011 musste nach § 261 Abs. 4 Satz 2 SGB V die Rücklage nicht aufgefüllt werden, wenn allein wegen der Auffüllung der Rücklage eine Erhöhung des Zusatzbeitrags nach § 242 SGB V erforderlich würde. Satz 2 wurde zum 1.1.2012 durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz aufgehoben. Mit Blick auf die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Krankenkassen wurde die Regelung nicht mehr als sachdienlich erachtet (BT-Drs. 17/8005 S. 127).
Von der Auffüllung der Rücklage auf die gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebene Höhe kann somit nur dann abgesehen werden, wenn die Beitragseinnahmen nach dem Haushaltsplan ausreichen, um zusammen mit den anderen Einnahmen die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Ausgaben des Versicherungsträgers zu decken. Ist die Ausgabendeckung nicht zu erreichen, ist ein Zusatzbeitrag zu erheben oder der bereits erhobene Zusatzbeitrag zu erhöhen.
Rz. 6
Ergibt sich während eines Haushaltsjahres, dass die Betriebsmittel der Krankenkasse einschließlich der Zuführung aus der Rücklage und der Inanspruchnahme eines Darlehens aus der Gesamtrücklage (§ 262 Abs. 4 Satz 2 SGB V) zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen, hat die Krankenkasse einen Zusatzbeitrag einzuführen oder den Zusatzbeitrag zu erhöhen. Muss eine Krankenkasse, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten oder herzustellen, dringend ihre Einnahmen vermehren, hat der Vorstand zu beschließen, dass der Zusatzbeitrag bis zur satzungsmäßigen Neuregelung erhöht wird; der Beschluss bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Kommt kein Beschluss zustande, ordnet die Aufsichtsbehörde die notwendige Erhöhung der Beiträge an (§ 242 Abs. 2 SGB V).
2.1.2 Festsetzung der Beiträge der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
Rz. 7
Die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung werden nach § 152 Abs. 1 SGB VII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Die Umlage muss den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der Rücklage nötigen Beträge decken. Darüber hinaus dürfen Beiträge nur zur Zuführung zu den Betriebsmitteln erhoben werden.
Zur Sicherung des Beitragsaufkommens können die Unfallversicherungsträger Vorschüsse bis zur Höhe des voraussichtlichen Jahresbedarfs erheben (§ 164 Abs. 1 SGB VII).
2.2 Bemessung der Beiträge
Rz. 8
Bei der ordnungsgemäßen Festsetzung der Beiträge sind die anderen Einnahmen des Versicherungsträgers zu berücksichtigen. Andere Einnahmen sind die in § 20 Abs. 1 bezeichneten staatlichen Zuschüsse und sonstigen Einnahmen (z. B. Säumniszuschläge oder Vermögenserträge).
Selbst für diejenigen freiwilligen Mitglieder, die im Falle der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für mehr als 6 Wochen haben, darf die Krankenkasse nach dem Urteil des BSG v. 25.6.1991 (1 RR 6/90) keine weitere Ermäßigung des Beitragssatzes ...