Prof. Dr. Albert Lamarca i Marquès
Rz. 50
Das CCCat präsentiert eine umfangreiche Regelung des Vermächtnisses als freiwillige erbrechtliche Verfügung durch besondere Zuwendung (Art. 427–1 bis 427–45 CCCat). Das CCCat unterscheidet zwischen Vermächtnissen mit dinglicher und mit obligatorischer Wirkung. In der Praxis bedeutet dies, dass das Objekt des Vermächtnisses ein Gut oder ein Recht aus dem Nachlass ist oder aber der betreffende Gegenstand nicht Teil der Erbschaft ist, aber der Erbe diesen dem Vermächtnisnehmer auf Grundlage des Erbschaftserwerbs beschaffen muss. Deshalb bestehen zwei Arten von Rechten des Vermächtnisnehmers, dingliche oder Forderungsrechte, die der klassischen Unterscheidung von Vermächtnis per vindicationem und per damnationem entsprechen.
Rz. 51
Im System des CCCat erfordert das Vermächtnis eine Person, die wirtschaftlich mit demselben beschwert und verpflichtet ist, dieses zu erfüllen. Mangels einer besonderen Verfügung ist der Erbe mit den Vermächtnissen beschwert. Die Vermächtnisse sind in der Erbfolge freiwillig: Der Erblasser ist nicht verpflichtet, in Form von Vermächtnissen über sein Erbe zu verfügen. In dieser Form genießt der Erbe eine weite Gestaltungsfreiheit hinsichtlich des Inhalts des Vermächtnisses. Einige Prinzipien, die für die Erbeinsetzung gelten, haben keine Gültigkeit für Vermächtnisse. Jede Person kann durch ein Vermächtnis begünstigt werden; dessen Objekt muss keine besondere Beziehung mit dem Nachlass haben und materiell keinen Teil dessen darstellen. Bedingungen und Fristen können hier völlig frei geregelt werden, ebenso wie die verschiedenen Formen der Ersatzerbschaft und andere für die Erbeinsetzung geltende Rechtsinstitute wie der Betrauung eines Dritten mit der Wahl eines Vermächtnisnehmers oder die Einsetzung eines fiduziarischen Vermächtnisnehmers.
Rz. 52
Als traditionelle Besonderheit des katalanischen Rechts im Bereich des Vermächtnisses ist die Anerkennung des Rechts auf einen Teil des Nachlasses – genannt "quarta falcídia" – zugunsten des allzu sehr mit Vermächtnissen beschwerten Erben zu erwähnen. In Katalonien ist der Belastete nämlich nur innerhalb der Grenzen der erbrechtlichen Begünstigung, die er erhält, zur Erfüllung verpflichtet. Um einen Anreiz zur Annahme der Erbschaft durch den beschwerten Erben zu schaffen, hat der Beschwerte zusätzlich das Recht, die Vermächtnisse zu diesem Zweck zu reduzieren, wenn ihm durch die Vermächtnisse kein von diesen freies Viertel mehr verbleibt. Dennoch kann der Erblasser die Herabsetzung der quarta falcídia in der Form verbieten, dass der Erbe zwischen Ausschlagung und Annahme der Erbschaft, an der er nur gering beteiligt ist, wählen muss. Es kann in der Praxis vorkommen, dass der beschwerte Erbe vom Erblasser abstammt und daher ein Pflichtteilsrecht hat. In diesem Fall entspricht das Viertel, das ihm als Pflichtteilsberechtigtem zusteht, der quarta falcídia, deren Aussonderung unabhängig vom Pflichtteil ist.
Rz. 53
Das CCCat regelt in den Art. 427–24 bis 427–36 detailliert die verschiedenen Vermächtnisse in Bezug auf ihre Objekte. Hervorzuheben sind die Regelung des Geldvermächtnisses oder des Vermächtnisses von Finanzanlagen, die die unterschiedlichen Arten der Verfügung genau bestimmt, sowie die Besonderheiten des Vermächtnisses von Gesellschaftsanteilen. Besondere Bedeutung in der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart hat das Vermächtnis des umfassenden Nießbrauchsrechts über den ganzen Nachlass zugunsten des überlebenden Ehegatten (Art. 427–34 CCCat). Diese Art des Vermächtnisses ist der gesetzlichen Erbfolge nachgebildet. Man muss sich vor Augen führen, dass grundsätzlich alle Nachlassgegenstände dem Fruchtgenuss unterliegen und deswegen nur im nackten Eigentum (Eigentum ohne Fruchtziehungsrecht) des Erben oder des Vermächtnisnehmers stehen. Sollte der Erblasser dies so nicht wünschen, muss er ausdrücklich Güter vom Nießbrauch ausschließen, wie z.B. Geld oder andere Güter, für die der Nießbrauch nicht geeignet ist. In diesen Fällen hat das Vermächtnis dingliche Wirkung, aber der Berechtigte darf die hiervon erfassten Güter nicht in Besitz nehmen, bevor er sie vom Erben herausverlangt – so lautet die Regel (Art. 427–22 CCCat), die der Erblasser trotzdem zugunsten des Vermächtnisnehmers ausschließen kann. Ausnahmsweise kann dieser Nießbrauch Verfügungsrechte enthalten, was zum komplexen Institut des Nießbrauchs mit Verfügungsbefugnis führt; in der Praxis bestehen hier Ähnlichkeiten zum Nacherbenrecht auf den Überrest.