Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 WEG, § 134 BGB, § 225 BGB
Kommentar
Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, Salden aus der Jahresabrechnung auf neue Rechnung vorzutragen, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, ebenso wie eine Beschlussfassung über eine Jahresabrechnung, die einen nachgetragenen Saldo enthält. Insoweit handelt es sich bei Vorjahres-Abrechnungssalden weder um Einnahmen noch um Ausgaben des abzurechnenden Geschäftsjahres, so dass für sie kein Raum in der Jahresabrechnung ist. Vielmehr kann der Vorjahressaldo erst nach Feststellung des sich aus der Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben ergebenden Ergebnisses der aktuellen Jahresabrechnung und dessen Umlegung auf den einzelnen Wohnungseigentümer als ausstehende Zahlungsverpflichtung allein informativ mitgeteilt werden (BayObLG, WM 1990, 616; ebenso OLG Düsseldorf, WM 1991, 623).
Ein Vorjahressaldo darf also nicht unmittelbar Eingang in das Abrechnungsergebnis für das abzurechnende Geschäftsjahr nehmen. Ebenso darf sich die Beschlussfassung der Gemeinschaft über Einzelabrechnungen allein auf die anteiligen Einnahmen und Ausgaben des abzurechnenden Geschäftsjahres beziehen, nicht auch auf bereits beschlossene Vorjahresergebnisse. Nachrichtliche Mitteilung ist jedoch gestattet.
Link zur Entscheidung
LG Düsseldorf, Beschluss vom 19.08.1993, 19 T 360/93(
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
In der WM-Veröffentlichung wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass die im Verfahrensgang vorausgegangene Entscheidung des AG Neuss, vom 18.05.1993, 27 II 62/92noch zusätzlich argumentierte:
"Dass der Beschluss (zu ergänzen: über die Abrechnungsgenehmigung) nicht mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung in Einklang steht, folgt zudem daraus, dass der Eigentümerversammlung die Kompetenz fehlte, über die zukünftige Aufnahme der Vorjahresrückstände zu beschließen, da dies gegen § 225 S. 1 BGB verstößt. Danach kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden. Ein Rechtsgeschäft, das - wie hier der Eigentümerbeschluss über die Abrechnung - die Grenzen des § 225 Satz 1 BGB nicht beachtet oder umkehrt ist nichtig. Die Einstellung des Vorjahressaldos in die Abrechnung des Folgejahres führt praktisch zu einem Ausschluss der Verjährung der aus dem Vorjahressaldo resultierenden Forderung, denn durch den Beschluss der Wohnungseigentümer werden im Rahmen der allgemeinen Beitragspflicht ( § 16 Abs. 2 WEG) die Verbindlichkeiten jedes einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber dem anderen und der Einbeziehung der Vorjahresrücksaldo für jedes Wirtschaftsjahr neu begründet, ohne dass es auf die Verjährungsfrist für die "Altforderung" noch ankommt (aus heutiger Sicht sicher überholte Meinung). Da § 225 S. 1 BGB eine zwingende Bestimmung ist, ist die beschlossene Rechtsfolge nach § 134 BGB nichtig."