Leitsatz
Der Pflichtteilsberechtigte muss zunächst die (ggf. gemischte) Schenkung als solche beweisen, ehe er einen Wertermittlungsanspruch auf Kosten des Nachlasses hat, da § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB nicht der Erleichterung der Beweisführung der Zugehörigkeit eines einem Dritten überlassenen Nachlassgegenstandes zum fiktiven Nachlass dient.
Sachverhalt
Der pflichtteilsberechtigte Kläger ist der Ansicht, ein Grundstück des Erblassers sei der Erbin als Schenkung zugewandt worden. Er verlangt neben der Auskunft über den Bestand des Nachlasses die Wertermittlung nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB auf Kosten des Nachlasses. Das LG hielt den Grundstückswert für beachtlich zur Berechnung des ordentlichen Pflichtteils und gab der Kl. statt. Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten.
Entscheidung
Auf die Berufung hin wird das Urteil abgeändert, insoweit der Wertermittlungsanspruch zugesprochen wurde. Der Kl. kann die Durchsetzung des Wertermittlungsanspruchs aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB nicht auf Kosten des Nachlasses verlangen, weil der Grundstückswert für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs ohne Bedeutung ist. Das streitgegenständliche Grundstück war zwar noch als Aktivposten im Nachlass vorhanden, weil zu Lebzeiten der Erblasserin nur die Auflassung erklärt worden war, es aber noch an der für den Eigentumsübergang erforderlichen Grundbuchumschreibung fehlte. Im Gegenzug ist der Eigentumsverschaffungsanspruch des Bekl. als Passivposten im Nachlasswert zu berücksichtigen. Er ist daher buchmäßig unbeachtlich.
Der Kl. hätte grundsätzlich in analoger Anwendung des § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB Anspruch auf Wertermittlung zur Berechnung seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs, § 2325 Abs. 1 S. 2 BGB. Die analoge Anwendung ist gerechtfertigt, wenn eine (gemischte) Schenkung vorliegt, die den Nachlasswert schmälert, und es für die Berechnung des ordentlichen Pflichtteils auf die Kenntnis des Wertes des weggeschenkten Gegenstandes ankommt. Vorliegend steht aber noch nicht einmal fest, ob im Rahmen des Grundstückskaufs überhaupt eine zumindest teilweise unentgeltliche Überlassung des Grundstücks vorliegt. Den Kl. als Pflichtteilsberechtigten trifft insoweit die Beweislast. Er muss nach allgemeinen Grundsätzen die Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich die Zugehörigkeit des angeblich schenkweise zugewandten Gegenstandes zum Nachlass ergibt. Auf einen bloßen Verdacht hin kann ihm der neben dem Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB selbstständige Wertermittlungsanspruch nicht auf Kosten des Nachlasses zugesprochen werden.
Schließlich führt auch § 242 BGB nicht zum Ziel, da es zur Durchsetzung eines derartigen "allgemeinen" Wertermittlungsanspruchs gegen den Erben ebenfalls substantiierter Darlegung bedarf, dass der Gegenstand zu einem grob unangemessenen Kaufpreis weggegeben wurde. Es bleibt dem Kl. unbenommen, die Wertermittlung auf eigene Kosten durchführen zu lassen.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 15.08.2006, 3 U 63/05